Sie möchten über neue Blogeinträge benachrichtigt werden? Dann bitte gern per Mail an kopatz@oekoroutine.de anfordern.
Der Begriff »Technologieoffenheit« ist durch die FDP zu einer »wird schon alles gut« Formel verkommen. Irgendwie, irgendwo irgendwann wird es viele schöne Dinge geben, die unsere Probleme lösen. Im Kern heißt das doch, macht euch nicht verrückt wegen der Klimahitze. Wir, also Leute mit viel Geld, können uns doch Klimaanlagen leisten!
Die beschworenen E-Fuels, das hatte ich schonmal beschrieben, werden auch nur etwas für Leute mit richtig viel Knete in Frage kommen und durch den irren Strombedarf, die Kosten für alle anderen
erhöhen.
Ja, es stimmt, die vermeintlich liberalen setzten auf Emissionshandel. Das ist im Kern auch ein kluges Instrument. Nur führt es eben auch dazu, dass die Preise für Strom, Sprit und für's Heizen
steigen. Das möchte die FDP allerdings auch nicht wirklich, weshalb sich Lindner für einen Tankrabatt eingesetzt hat.
Parallel zu moderat steigenden CO2-Preisen brauchen wir daher gesetzliche Standards. Das geplante Gesetz für Heizungen ist für die Kommunalpolitik ein Segen. Ich habe keine Ahnung, wie die Städte
sonst ihre Klimaziele einhalten könnten. Denn von allein findet der Wandel nicht statt. Notwendig sind Impulse, in Form von gesetzlichen Rahmenbedingungen, gerne flankiert durch Fördergelder.
Die Gaskrise war ein Treiber für die Installation von Wärmepumpen. Dieser Effekt würde aber sehr schnell wieder verpuffen, wenn die Preise sich normalisiert haben. Wir brauchen solche
gesetzlichen Standards.
Wenn eine Technologie gut funktioniert, erprobt und gut verfügbar ist, dann sollten wir sie zu Norm machen, wie das bei den Heizungen übrigens schon andere Länder längst gemacht haben. Weil der
Bund diese Entwicklung verpennt hat, hinken unsere Handwerker hinterher, beraten bis heute für eine Gasheizung. Viele tun das einfach, weil sie von der neuen Technik, die übrigens ziemlich alt
ist, gar nichts verstehen, weil sie keine Ausbildung haben.
Ähnlich war es auch bei den hoch effizienten Heizungspumpen. Das Wuppertal Institut nannte sie »die Faktor-4-Pumpe«, weil sie viermal effizienter war als ein herkömmliches Gerät. Nur, die meisten
Handwerker hat das nicht interessiert. Selbst als der Bund die Pumpe finanziell gefördert hat, meinten viele, »lohnt sich nicht« und verbauten scheinbar billige Stromfresser mit einem Verbrauch
von 800 Kilowattstunden im Jahr.
Irgendwann hat die EU und damit auch der Bund, die effizienten Geräte zur Norm gemacht. Die Handwerker konnten schlichtweg keine Verschwender mehr kaufen. Niemand hat sich darüber aufgeregt, auch
weil die Standards schrittweise angehoben wurden. Wir sollten offen sein für neue Technologien und sie nach eine gewissen Einführungsphase zur Norm erheben.
»Sanierungs-Zwang und neue Heizung. Das kostet Sie der neue Wohn-Hammer« heißt es auf dem Titelblatt der Bild. Ich frage mich, warum Bild Lobbyarbeit für die Gasindustrie betreibt.
Wer jetzt eine neue Öl- oder Gasheizung installiert, finanziert damit für die nächsten zwanzig Jahre Despoten, die uns nichts Gutes wünschen und ihr Volk unterdrücken. Warum verunsichern Bild und FDP die Eigentümer von Immobilien? Beide wecken den Eindruck, dass im nächsten Jahr alle fossilen Heizungen gewechselt werden müssen.
Doch die geplante Verordnung zielt darauf ab, dass Monteure ab dem Jahr 2024 nur noch besonders klimafreundliche Heizungen installieren. Das heißt, der Wandel kommt
nicht plötzlich. Sehr alte Heizungen kündigen über die häufiger werdenden Reparaturen ihr schleichendes Ende an.
Zugleich sind Wärmepumpen voll im Trend. Die Installation hat sich seit 2017 verdreifacht. In Kombination mit den Fördergeldern des Bundes machen sich die Menschen unabhängig von Russland.
Ich bin übrigens ein großer Freund von steigenden Standards. In meinem Konzept der „Ökoroutine“ sind diese zusammen mit Limits der Rote faden für den Ansatz
„Strukturen ändern Routinen“. Die zurückliegenden Fortschritte beim Klimaschutz gründen auf einer Politik der steigenden Standards, welche sich letztlich in Verordnungen niederschlagen. Häuser,
Autos und Elektrogeräte wurden effizienter aufgrund von Regelwerken, nicht aus Altruismus.
Neben Standards benötigen wir Limits, also absolute Obergrenzen, etwa für den Luftverkehr oder den Bau von Straßen. Dieses Instrument wird bisher nur selten
angewandt. Sie sind jedoch notwendig, Wachstumstendenzen zu begrenzen, die zerstörerisch wirken. Ganz einfach eigentlich.
Reine Förderanreize wirken zu langsam, manchmal gar nicht. Sie sind für Innovationen angemessen, deren Marktdurchdringung noch nicht gesichert ist. Bei erprobten
Technologien wie einer Wärmepumpe ist es effektiver, diese als Norm festzulegen. Von allein tut die Industrie das nicht, leider. Es ist der EU-Kommission zu verdanken, dass sie beispielsweise das
Steckerwirrwar für Mobiltelefone beendet hat. Die Hersteller habe sich nur auf Druck geeinigt. Anreize allein wirken zu langsam und ineffizient. Das E-Auto wird sich nicht durch Fördergelder
durchsetzen, sondern durch Vorgaben der EU.
Verordnungen, wie das geplante Gesetz zum klimafreundlichen Heizen, sind ein zentraler Innovationstreiber und geben die Richtung vor. Hinzu kommt klimafreundliche
Technologie. Das ist die Verantwortung der Politik.
Mal ganz ehrlich, ich bin froh, dass viele Schadstoffe in Lebensmitteln verboten sind und, dass in meiner Wohnstraße verboten ist, schneller als 30 km/h zu fahren.
Der Wohn-Hammer ist ein Wendehammer. Er wird den Menschen viel Geld sparen und dafür sorgen, dass sie das gute Gefühl haben, mit ihrer neuen Heizung einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
seit dem 1. August 2022 bin ich Stadtbaurat in Marburg – in Langform: »Dezernent für Klimastrukturwandel, Bauen, Stadtplanung und Mobilität«. Für die Zeit der Amtsperiode von sechs Jahren hat mich das Wuppertal Institut beurlaubt. Der Wechsel in die Praxis hat mich viel Überwindung gekostet. Meine Freiheiten als Wissenschaftler, Buchautor und Referent waren mit Amtsantritt schlagartig beendet. Das Wort zur Ökoroutine weiter zu betreiben, erschien kaum möglich. So viel Verantwortung, so viel zu lernen.
Es war die richtige Entscheidung, das kann ich mit Gewissheit sagen. Meine Zeit als Ratsmitglied in Osnabrück war die ideale Vorbereitung auf die Aufgaben als Dezernent. Ich kann viel besser als erwartet, Konzepte und Ideen umsetzen, die mir wichtig erscheinen. Viele kreative und innovative Menschen arbeiten in meinem Dezernat, aber auch in der gesamten Verwaltung. Mir begegnen in Marburg viele Menschen, die ihre Stadt beim Klimaschutz voranbringen wollen.
Ich möchte nun wieder gelegentlich einen Beitrag in den Blog stellen.
Zu meinen ersten Eindrücken als Dezernent in Marburg gibt es inzwischen zwei Interviews. Einmal auf Marlows: »In urbanen Räumen brauchen Menschen kein eigenes Auto« und in der Lokalzeitung Oberhessischen Presse: »Was Marburgs oberster Klima-Kämpfer will«. Aus den Berichten hebe ich diesen hervor: Kühles Klima. Kopatz kontra Kaufleute
Letztlich drehen sich alle Texte um dasselbe Thema: Strukturen und Rahmenbedingungen ändern, damit sich Routinen und Gewohnheiten wandeln; mit anderen Worten um Ökoroutine.
E-Fuels sind ein Treiber für Gegeneinander und Ungleichheit. »Die da oben, wir hier unten«, das denken sich jetzt schon viele Menschen. Es geht nicht nur um die reale, sondern um die empfundene
Ungleichheit. Der exzessive und für jedermann sichtbare Lebensstil von reichen Menschen schürt Neid.
Rund ein Drittel der Gesellschaft kann sich nicht ohne
Weiteres eine neue Waschmaschine kaufen, wenn die alte gerade kaputt gegangen ist, weil keine Ersparnisse vorhanden sind.
Auf der anderen Seite haben wir Top-Verdienende und Erben, die sich einbilden, ihren Luxus »verdient« zu haben. Weil sie ja so leistungsstark sind, so unfassbar produktiv. Und deswegen ist es
auch angemessen, dass für diese Menschen E-Fuels produziert werden. So sieht das offenbar die FDP.
Mit E-Fuels kann man zwar einen konventionellen Motor klimaneutral betreiben, aber nur wenige Menschen werden sie bezahlen können.
Was ist das überhaupt für eine Wundertechnologie? Ein Elektrolyseur zerlegt Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff. Ein häufiges Experiment im Schulunterricht. Der Wasserstoff
wird mit CO2 angereichert. Das CO2 müsste wiederum irgendwo abgespalten oder gesammelt werden. Das Ergebnis sind E-Fuels – synthetisches Gas oder flüssiges Benzin, Diesel oder Kerosin. Für
heutige Motoren sind diese nur als Beimischung verträglich. Neufahrzeuge müssten speziell dafür ausgelegt werden. Das ist die liberal klingende Technologieoffenheit.
Der Haken: Um Kraftstoff für 100 Kilometer zu produzieren werden Unmengen Strom benötigt. Ein Elektrowagen würde mit derselben Stromleistung rund 700 Kilometer weit kommen.
Es gibt offenbar gute Gründe, weshalb zum Beispiel VW auf Elektroautos setzt. Die Ingenieure sind sich im Grunde einig, dass E-Fuels am ehesten für Flugzeuge und Lkw zum Einsatz kommen werden.
E-Fuels werden durch den hohen Stromeinsatz sehr teuer sein. Wer kann, der kann – in 15 Jahren mit einem Verbrenner wunderbar den privaten Wohlstand zur Schau stellen. Ganz liberal und fair.
Doch der Kraftstoff ist nur klimaneutral, wenn die Stromerzeugung mit Ökostrom erfolgt. Schon jetzt geht der Ausbau von Solaranlangen nur mühselig voran. Windparks treffen auf Widerstand bei den
anliegenden Bewohnern. Der Import gewaltiger Mengen Ökostrom oder Ökowasserstroff aus südlichen Ländern ist in naheliegender Zeit nicht realistisch. Warum, das habe ich im Blog
vom 1. Mai 2022 erläutert.
Nach und nach sollen alle Autos elektrisch betrieben werden. Dafür muss noch viel mehr Ökostrom erzeugt werden. Die Nachfrage steigt und das Angebot kann damit kaum mithalten. E-Fuels werden
diesen Effekt verstärken.
Einmal angenommen, eine Millionen Autos sind mit E-Fuels unterwegs. Dafür müsste dieselbe Strommenge erzeugt werden, wie für sieben Millionen normale Elektrowagen. Das heißt, E-Fuels verknappen
das Angebot und werden Strom teurer machen. Denn die verfügbare Strommenge bleibt auf absehbare Zeit begrenzt und die Nachfrage steigt – schließlich müssen wir sobald als möglich auch noch unsere
Wohnungen mit Ökostrom heizen. Und damit werden auch Millionen Menschen mit geringem Einkommen mehr ausgeben müssen für Strom. Deswegen fördern E-Fuels die Ungleichheit.
Seit Monaten diskutiert die Öffentlichkeit über das Billig-Ticket, aber die eigentliche Innovation wird dabei nicht erwähnt. Das Ticket ist nicht nur besonders billig, sondern es ist ein Testlauf
für den Einheitstarif. Der Fahrschein gilt in Berlin, Hamburg und Heidelberg gleichermaßen. Es wäre eine Sensation, wenn unsere Verkehrspolitiker:innen das hinbekämen. Ein Fahrschein oder
Abonnement für alle Städte zum selben Preis.
Bisher hat jede Region ihre eigene Tarifstruktur. Da verbringen die Leute schonmal fünf bis zehn Minuten vor dem Automaten, um den günstigsten Tarif zu ermitteln. In einer Großstadt kann man
schon eine Weile grübeln, ob Kurzstrecke, Einzelfahrschein, Viererstreifen, Tagesticket, Tagesticket ab 9 Uhr, Familienticket usw. am günstigsten ist. Ähnlich vielfältig sind Monatstickets:
PremiumAbo, BasisAbo, 63plusAbo, MobilAbo, BasisAbo Region, JobTicket. Das macht einen doch wuschig.
Gut 50 Euro kostet der Basistarif in einer Stadt mit 150 000 Einwohner monatlich. Wer vom Landkreis mit dem Bus in die Stadt pendeln möchte liegt schnell bei 100 Euro. Richtig teuer wird es, wenn man ein Tarifgebiet verlässt.
Nun also kommt ein Flatratetarif für sage und schreibe neun Euro. Der Tarifdschungel lichtet sich für drei Monate. Ein Tarif für alle Städte, das ist klar und transparent. Versteht jeder.
Doch wüsste ich gern warum das 9-Euro-Ticket so billig ist. Und warum muss es deutschlandweit gelten? Schon allein für eine Stadt wie Göttingen wären neun Euro ein Spottpreis. Warum nicht 30 Euro
pro Monat? Oder anders gefragt: Warum hat man nicht versuchsweise für ein Jahr das Konzept aus Österreich umgesetzt?
Dort gibt es ein Klimaticket in drei Stufen. Für ein Bundesland kostet es 365 Euro, der doppelte Preis gilt für zwei Länder und der dreifache für ganz Österreich. Die BahnCard 100 kostet damit
1095 und mit Ermäßigung 821 Euro pro Jahr. In Deutschland zahlen die Kunden 4144 Euro. Das lohnt sich nur für Menschen, die mehrmals pro Woche verreisen oder lange Strecken pendeln. Vor der COVID
Krise gab es nur knapp 50 000 Inhabende.
Den hohen Preis begründet die Bahn mit dem großen Netz. Nach dieser Logik müsste das Monatsticket aus Berlin allerdings mindestens zehnmal teurer sein als in Braunschweig. Das ist aber nicht der
Fall, weil die Kosten bezogen auf den Kunden in beiden Städten recht nahe beieinander liegen. Ein Vergleich der Ausgaben pro Einwohner zeigt, dass Österreich sogar deutlich mehr ausgibt als Deutschland. Die
BahnCard 100 müsste dort demnach deutlich teurer sein. Doch stattdessen lockt die ÖBB neue Kunden mit einem einfachen und enorm günstigen Tarif an.
Ganz so simpel ist das nun nicht, werden Experten für öffentlichen Verkehr einwenden. Stimmt. Aber die Grundkonzeption aus Österreich ist bestechend einfach, günstig und transparent. Es ist
zugleich eine Einladung, das Privatauto öfter stehen zu lassen oder gar abzuschaffen.
So gesehen ist das 9-Euro-Ticket womöglich der Einstieg in eine Diskussion über die Einführung eines 1-2-3 Klimatickets nach dem Vorbild aus der Alpenregion. Schön wäre es.
Ich kenne sehr viele Menschen, die sich einen großen Teil ihrer Freizeit für den Klimaschutz engagieren. Besonders das Thema Verkehr brennt fast allen auf den Nägeln. Sie wollen weniger Autos in der Stadt und mehr Platz für Radwege, Aufenthalt und Grün.
Zugleich gibt es unter diesen Engagierten kaum jemand ohne eigenes Auto. Offenbar fällt es selbst Klimaschutzaktivisten schwer, sich davon zu trennen. Das wäre aber notwendig, wenn die Vision von der autofreien Innenstadt Wirklichkeit werden soll.
Darauf angesprochen nennen Autobesitzter natürlich viele Gründe, weshalb sie darauf angewiesen sind. Und, dass ihr Fahrzeug inzwischen eigentlich ein Stehzeug sei. Man würde es kaum noch benutzten. Kein Problem also?
Doch, die Herstellung belastet das Klima und verschlingt enorme Mengen Ressourcen. Zudem stehen für jeden Pkw ca. drei Parkplätze zur Verfügung. Vor der eigenen Haustür, vorm Supermarkt beim Arbeitgeber. Und mit jedem Gebäude kommen weitere dazu.
Das Intimauto ist ein ökologisches Problem, auch wenn wir wenig damit umherfahren.
Aber was ist eigentlich »wenig«? Das ist natürlich relativ. Ein Kollege sagte mal über sein Auto »das nutzten wir eigentlich gar nicht«. Ich habe mich dann erkundigt, wieviele Kilometer da so zusammenkommen. Er schätzte so rund 10 000 Kilometer pro Jahr. Ganz schön viel für wenig.
Und das hat seinen Grund. Denn ein Wagen der vor der Tür steht ist enorm verlockend. Eben mal einkaufen, eben mal zum Baumarkt, die Kinder wegbringen, abholen etc. Eben mal. Kostet ja kaum etwas.
Fortschritt durch Technik. Für den Weltraumtourismus verbrennen der britische Unternehmer Richard Branson und SpaceX-Gründer Elon Musk Milliarden. Der Amazon-Gründer Jeff Bezos ist auch dabei und
meint damit »eine Zukunft zu ermöglichen, in der Millionen Menschen im Weltraum leben und arbeiten, zum Wohl der Erde«. Die irre Verschwendung soll also auch noch zu etwas gut sein. Wenn
das Leben auf der Erde kaum noch erträglich ist, können sich die Hyperreichen ins Weltall flüchten.
Viele Menschen in Logistikzentren, am Steuer von Lkws und an Fließbändern müssen hart arbeiten, damit sich die Herren Supermilliardäre eine solche Spielerei leisten können.
Wer etwa bei Amazon zwischen den Regalen herumhetzt, kontrolliert und angetrieben, bekommt 12 Euro die Stunde. Da kommt am Ende des Monats abzüglich Steuer und Warmmiete kaum mehr zusammen, als mit Hartz IV.
Deutlicher kann man nicht zeigen, wie ungerecht Einkommen und Vermögen auseinander liegen. Dort die Verschwendung, hier der Kampf ums Überleben.
Da in einer Weltraum-Kapsel wie bei Bezos gerade einmal vier Weltraumtouristen sitzen, kommen auf jeden Fahrgast rund 75 Tonnen CO2 - für knapp zehn Minuten Schwerelosigkeit. Zum Vergleich: Ein
Bundesbürger emitiert jährlich durchschnittlich zehn Tonnen CO2.
Zur enkeltauglichen Mobilität werden Raumfahrtprogramme also wohl kaum beitragen. Vielmehr könnte sich der Eindruck verfestigen, unsere Wirtschaftsordnung dient hauptsächlich den Superreichen.
Der Frust bei den Menschen ohne Vermögen wird zunehmen wie auch der Zweifel, dass es gerecht zugeht in unsere Demokratie.
Es gibt viele Bedenken in Hinblick auf die Sicherheit der Atomkraft und die Probleme beim Rückbau und der Endlagerung. Doch was ganz entscheidend gegen Strom aus Atomreaktoren spricht: Er ist viel zu teuer. Die Grafik veranschaulicht: Atomstrom ist nicht günstig; Wind- und Solarstrom hingegen schon. Die Diskussion über eine Renaissance der Atomkraft hat sich damit erledigt. Wer sich mit diesem Wort zur Ökoroutine zufrieden gibt, kann jetzt abschalten.
Mich nervt die Angeberei mit Marken. Besonders auffällig ist das bei Kleidung. Ein blödes T-Shirt kostet gleich 50 Euro mehr, nur weil es von Boss ist oder Tommy Hilfiger. Fürst Metternich mag ja ein guter Sekt sein, aber ich schätze mal, fünf Euro pro Flasche bezahlt man alleine für die Marke bzw. für die Werbung die dahinter steckt.
Ist ja alles bekannt, aber die Leute machen trotzdem mit. Ich auch, lass mich beeindrucken. Denke, die muss ja ganz schön viel Kohle haben. Manchmal denke ich auch, der scheint es ja nötig zu
haben.
Ich habe mich selbst auch schon öfter dabei erwischt, dass ich mit Produkten beeindrucken möchte. Natürlich will man sich das nicht eingestehen, aber wenn man ehrlich zu sich selbst ist....
Bei meinem Notebook jedenfalls, habe ich schon vor zehn Jahren den Apfel abgeklebt. Das ist eigentlich eine nette Anti Konsum Strategie. Ich bin doch keine Litfaßsäule für Konzerne. Gerade habe
ich bei der Winterjacke das Label überklebt.
Was ich auch bewerkenswert finde, dass die Tageszeitung auf den Fotos im Sportteil, die Werbung auf den Trikots von Fußballspielern verpixelt. Wow! So etwas kann sich vermutlich nur die taz
leisten, die auf Anzeigen von Konzernen nicht angewiesen ist.
Die deutsche Industrie investiert über 34 Milliarden Euro in Werbung. Damit wir Dinge kaufen, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Damit wir schuften, um zu schoppen. Und damit wir viel mehr
Geld für tolle Marken ausgeben als für faire Produktionsbedingungen.
Mir ist aufgefallen, dass ich im Blog noch gar nicht auf mein neues Buch »Wirtschaft ist mehr!« hingewiesen habe. Vielleicht, weil es kaum etwas mit Ökoroutine zu tun hat.
Interessant ist es für einige Abonnenten des Blogs vielleicht dennoch. Mal kurz reingucken kostet nix, denn es ist kostenlos als pdf verfügbar. Das soll der Verbreitung dienen. Also, bitte gerne weiterleiten.
Wuppertal 23.11.2021. Heute erfahre ich, gerade läuft die »Europäische Woche der Abfallvermeidung«. Schon mal davon gehört? Ich auch nicht. Dabei gibt es die »Kampagne« seit 2009 in ganz Europa.
Einmal angenommen, jeder Dritte Einwohner der Union wüsste davon – das wäre ein extrem hoher Wert. Was würde sich dadurch ändern? Nichts.
Es ist reine Symbolpolitik die sagt: »Leute, jetzt strengt Euch doch mal an! Es gibt doch so viele Anleitungen zum plastikfreien glücklichen Leben. Sorgt dafür, dass Verpackungen überflüssig werden!« Solche Kampagnen sind Zeitvergeudung. Rausgeworfenes Geld.
Statt eine Woche der Abfallvermeidung brauchen wir Abfallvermeidung. Ganz konkrete Vorgaben für Hersteller und Händler. Statt an die Vernunft der Konsumenten sollten Kampagnen an die Vernunft der Entscheider in Brüssel und Berlin appellieren.
Das wäre doch mal was, die Ampel-Regierung finanziert Kampagnen, um sich selbst und die Produzenten unter Druck zu setzen.
Stoppt den Wahnsinn der Wegwerfplastikflasche! Macht Recup zum Standard. Verlängert die Garantiezeiten! Macht Vorgaben für Ersatzteile und Reparieren!
Letzte Woche haben wir uns über Bahnfahren unterhalten. Wer häufig Bahn fährt, hat viele Geschichten zu erzählen. Leider sind sie selten komplimentierend für die Bahn.
Aber in einem Punkt waren wir uns auch einig. Konzentriertes Arbeiten ist in der Bahn nicht nur möglich, sondern gelingt oft gerade hier.
Oft bin ich so vertieft und in Gedanken, dass ich alles um mich herum vergesse. Manchmal schrecke ich dann auf, und gucke mich, in der Befürchtung den Bahnhof verpasst zu haben.
Oft vergeht die Fahrt wie im Flug. Lesen und arbeiten, noch dazu so intensiv, das geht halt nur im bequemen Zug (nicht alle sind bequem).
Die Grünen im Bezirksbeirat fordern einen Fahrradstreifen in Stuttgart-Nord. Die CDU ist dagegen, weil das rund 120 Parkplätze kosten würde
So lautet eine typische Meldung in Deutschlands Lokalzeitungen.
Ja, man will die Klimaschutzziele erreichen und ja es gibt zu viel Autos in der Stadt. Aber die konkreten Maßnahmen für Klimaschutz und Stadtumbau, die will man nicht.
Die Herren Laschet und Söder möchten die Erneuerbaren Energien massiv ausbauen, aber an der 10H-Regel wollen die beiden nix ändern. Diese Abstandsregel sorgt dafür, dass in NRW und Bayern quasi keine Windkraftanlagen gebaut werden können.
Man verhält sich damit wie die meisten Bürger:innen: Ihr könnt alles machen, aber nicht vor meiner Haustür! Ganz klassisch: In ein schönes Häuschen am grünen Stadtrand ziehen und später eine Bürgerinitiative gründen, um ein Neubaugebiet in der Nachbarschaft zu verhindern. Dieser egoistische Bürgerprotest ist leider der Normalfall.
Von der Politik sollte man mehr erwarten. Politiker:innen sind es doch, die das große Ganze sehen sollten, die Mobilitätswende und nicht nur die wegfallenden Parkplätze in einer Straße. Oder?
Frau Peters ist Ratsherrin. Sie findet Klimaschutz sehr wichtig und möchte den Radverkehr fördern.
Ich mache den Vorschlag, den Parkstreifen an einer vierspurigen Ausfallstraße in einen Radweg zu verwandeln. Viele Geschäfte mit großen Parkplätzen liegen an dieser Straße. Der Parkstreifen ist im Grunde überflüssig.
Die Situation an der besagten Stelle ist momentan lebensgefährlich. Es gibt in weiten Teilen gar keinen Radweg.
Peters: »Aber die Parkplätze dort wegnehmen, das kann man den Leuten nicht zumuten.«
Ich: »Aber genau solche Maßnahmen werden nun in vielen Städten umgesetzt. Radfahren muss sicherer werden, auch wenn dabei einige Parkplätze verschwinden«, sage ich.
Peters: »Nee, aber so geht das nicht.«
In dem Gespräch erfahre ich, dass Frau Peters sich niemals ein Elektroauto kaufen würde. Das sei totaler Quatsch, schon allein wegen der Reichweite. Und dann wegen der Kinderarbeit. Außerdem würden mit E-Autos viel mehr Klimagase freigesetzt als mit ihrem Diesel.
Ich frage »Wie sollen sich aus Deiner Sicht die CO2-Emissionen um 40 Prozent verringern bis 2030?« Antwort: »Wer legt denn so ein Ziel fest? Hier geht man doch auf die kleinen Leute los. In den anderen Bereichen kann man doch viel mehr bewirken…..«
Und dann kam noch ein Satz, der mir immer wieder als Gegenargument genannt wird: »Michael, die Leute fahren nunmal mit dem Auto.«
Ich habe dann nichts mehr gesagt. Die Leute können gut verdrängen, auch Politiker sind gut darin. Klimaschutz finden alle wichtig, aber bloß nicht konkret werden. Gut, dass es inzwischen viele junge und auch ältere Menschen gibt, die sich das nicht mehr gefallen lassen wollen.
Diese Fragen stellte mir neulich ein Journalist.
Nein, wir müssen das Einfamilienhaus nicht verbieten.
Die CDU betont nun mit ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl die positiven Aspekte des Fliegens und möchte die Entwicklung von Flugtaxis fördern. Wenn ich das höre, denke ich mir: Das darf doch nicht wahr sein!
Aber wundert es mich? Nein. Man gibt sich weiter der Illusion hin, allein mit neuen Technologien lasse sich die Klimahitze bekämpfen.
Seit einigen Jahren erwähne ich in meinen Vorträgen das Flugtaxi. Meistens denken die Zuhörerenden »so ein Quatsch!«. Ich mache dann drei Prognosen.
Erstens: Ihr werdet es nutzen, sobald es verfügbar und bezahlbar ist!
Studien gehen davon aus, dass der Flug zum nächsten Flughafen kaum teurer sein wird als mit dem Pkw. Spätestens dann werden es auch »normale« Leute nutzen. Ich bin davon überzeugt, die meisten Menschen würden ein Kleinflugzeug vor der Haustür parken. Es ist nur eine Frage des Geldes.
Zweitens: Man wird uns das Flugtaxi anpreisen als Lösung der Verkehrsprobleme.
Das machen Andy Scheuer und Dorothee Bär (CDU) schon seit einigen Jahren. Zudem wird man das Propeller-Vehikel als Beitrag für den Klimaschutz darstellen. In einem wdr-Beirag heißt es: »Um die Verkehrsprobleme in NRW zu lösen, könnten Flugtaxis demnächst helfen. Sie sind leise, schnell und emissionsarm.«
Erste Studien zeigen, dass die Flugobjekte auf Strecken unter 35 Kilometern sogar mehr Energie verbrauchten und damit mehr Treibhausgase verursachten als Autos mit Verbrennungsmotoren.
Tatsächlich sind Flugtaxis eine Form der massiven Beschleunigung. Man kommt schneller von A nach B, das ist ja der Witz daran. Und bisher war es immer so, dass Beschleunigung zu mehr Verkehr führt. Wie schon mehrfach in diesem Blog beschrieben, investieren die Menschen ca. 80 Minuten am Tag für Mobilität. Daran hat sich in den letzten hundert Jahren kaum etwas geändert. Aber die Zahl der Kilometer, die wir an dem Tag zurücklegen, die hat beständig zugenommen.
Drittens: Das Flugtaxi wird uns nicht glücklicher machen.
Das Flugtaxi ist ein Symbol für unsere Gier nach immer mehr. Werden wir nie genug haben?
Dädalus warnte seinen Sohn Ikarus, nicht zu hoch und nicht zu tief zu fliegen, da sonst die Hitze der Sonne beziehungsweise die Feuchte des Meeres zum Absturz führen würde. Doch Ikarus wurde übermütig und stieg so hoch hinauf, dass die Sonne das Wachs seiner Flügel schmolz, woraufhin sich die Federn lösten und er ins Meer stürzte.
Interessantes Bild auf dem Cover der Greenpeace Nachrichten. Drastisch. Aber nicht von der Hand zu weisen. Der Bodenatlas von Böll und BUND rechnet vor, dass Deutschland jedes Jahr in anderen Ländern 80 Mio. ha Fläche für seine Agrarprodukte in Anspruch nimmt. Verrückt oder? Wir verbrauchen mehr als das Doppelte der eigenen Landesfläche. Die Konsumierenden sind mit solchen Botschaften meistens überfordert und verdrängen solche Probleme lieber. Verantwortungsvolle Politikerinnen sind gefragt.
Die privaten Haushalte benötigten im Jahr 2018 etwa gleich viel Energie wie im Jahr 1990 und damit gut ein Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland. Das ist ein Problem für den Klimaschutz. Denn beabsichtigt war eigentlich, dass sich der Strom- und Wärmeverbrauch bei den Menschen daheim deutlich verringert. In ihrem Klimaschutzplan sieht die Bundesregierung eine Reduktion von knapp 70 Prozent bis 2030 vor.
Deswegen hat man die Energiestandards für Neubauten deutlich angehoben und deswegen werden Jahr für Jahr ein Prozent der vorhandenen Gebäude saniert. LED-Lampen und supersparsame Waschmaschinen
sind inzwischen der Normalfall. Warum kommen wir dann nicht zum Weniger?
Im heute-journal war es die Top Nachricht: Das Klima-Urteil. Ich habe mich sehr, sehr darüber gefreut und danke allen, die sich dafür eingesetzt haben.
Ich lese gerade »Unsere Welt neu denken« von Maja Göpel. Sie beschreibt darin ein Erlebnis beim WTO-Gipfel im mexikanischen Cancún. Dort fand die Konferenz der WTO statt, der Welthandelsorganisation. Minister aus bald 150 Ländern verhandeln hier regelmäßig, um den Welthandel zu befördern. Zölle sind schlecht, Freihandel ist gut, so lautet ungefähr das Credo der WTO. Sie steht für das, was wir unter Globalisierung verstehen.
Das Treffen der Minister wird durch Zäune weiträumig abgeriegelt, um die Protestierenden fernzuhalten. Ein Demonstrant stieg auf den Absperrzaun und rammte sich vor aller Augen ein Messer in die
Brust. Maja war geschockt. Wie verzweifelt muss dieser Mensch gewesen sein.
Der Name des Mannes war Lee Kyung Hae. Er war 56 Jahre alt, ein Bauer aus Südkorea, eine Lichtgestalt für nachhaltige Landwirtschaft. Südkorea ist natürlich auch Mitglied der WTO und hat gewiss
vom Freihandel profitiert, musste aber auch die Grenzen für Rindfleischimporte öffnen. So drückte billiges australisches Fleisch aus Massentierhaltung die Preise. Damit konnte Lee Kyung Hae nicht
konkurrieren. Wie viele andere Landwirte verlor er seinen Hof und sein Land an die Bank. Immer wieder habe Lee Kyung Hae auf das Schicksal der Bauern aufmerksam gemacht, schreibt Maja. Sein
Selbstmord vor den Augen der Presse war seine letzte Verzweiflungstat, um auf die Missstände hinzuweisen.
Umwelt- und Sozialstandards werden durch die WTO so gut wie gar nicht reguliert. Ich spreche mich ja regelmäßig für höhere Standards aus. Um diese durchzusetzen – weltweit – wäre die WTO der
ideale Ort. Theoretisch.
Es ist leider so, dass unbegrenzter Freihandel nicht grundsätzlich und für alle gut ist. Es gibt zig Beispiele dafür, dass in manchen Ländern ganze Branchen absterben, wenn es immer nur um
»möglichst billig« geht. Und deswegen finde ich es gut, dass TTIP nicht verabschiedet wurde. Und auch CETA oder Mercosur sind aus meiner Sicht nur zu befürworten, wenn diese Abkommen sozial
gerecht sind und höhere Standards für den Umweltschutz durchsetzen.
Heute nehme ich einen »Bericht« der heute-show zum Anlass für meinen Blogeintrag.
Fastenzeit. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schlägt vor: Plastikfasten. Oh weh. Die Kampagne bewirkt höchstens, dass die Menschen feststellen, wie extrem aufwendig ein Leben ohne Plastik ist.
Gewiss, einige Verhaltensregeln lassen sich recht leicht umsetzen. So dürfte es nicht so schwer fallen, Getränke in solchen Flaschen zu kaufen, die gereinigt und neu befüllt werden. Aber wie bekommt man Käse ohne Verpackung? Und ist das überhaupt besser, wenn ich meinen Behälter spüle, als eine dünne Folie? Ist das hygienisch okay?
Damit wir uns nicht falsch verstehen, es ist richtig, wenn es den Menschen gelingt, ihren Plastikkonsum zu verringern. Ich selbst fahre wöchentlich zum Markt und lasse mir am Käsestand die Ware
direkt über die Theke reichen und packe ihn in meine dafür vorgesehene Dose. In der COVID-Krise braucht es Überredungskünste, damit der Händler das macht. Aber zu hoffen, dass 20 oder 40
Millionen andere Bürgerinnen mitmachen ist völlig realitätsfern.
Effektiver sind da aus meiner Sicht Kampagnen, die auf strukturelle Reformen zielen. Ob Petitionen, Briefe an die Landes- und Bundespolitiker, Bürgerbegehren oder Demonstrationen, mit diesen
Strategien kennt sich der BUND bestens aus. Lieber für systemische Veränderungen kämpfen, als die Leute mit Verzichtsappellen behelligen.
Verpufft die Kampagne also völlig wirkungslos? Nun vielleicht macht sie die Adressaten nachdenklicher. Vielleicht bekommen manche ein schlechtes Gewissen beim Blick in ihre Gelbe Tonne. Und das
fördert dann womöglich die Offenheit für gesetzliche Standards, die den Plastikmüll verringern.
Im Wort zur Ökoroutine habe ich gelegentlich auf meinen Wunsch hingewiesen, die Gewährleistung für Elektrogeräte zu verlängern. Es ist ärgerlich für die Konsumenten und schlecht für die Umwelt, wenn ein Geschirrspüler schon nach drei Jahren den Geist aufgibt.
Eine Leserin schickte mir vorgestern den Link zu einem WerbeClip. Mit dem Kommentar: »Klassisches Alltagsauto. Geil, dass die damit sogar Werbung machen«.
Im Wuppertal Institut ist es inzwischen unumstritten, dass die Klimaziele nur erreichbar sind, wenn die Menschen ihr Verhalten ändern. Viele andere Institute teilen diese Einschätzung. Nun kommt die Internationale Energieagentur IEA in ihrem jüngsten Jahresbericht, dem World Energy Outlook, zu einer ähnlichen Schlussfolgerung.
Verhaltensveränderungen können Treibhausgase schnell reduziert. Die IEA hat elf verhaltensbezogene Maßnahmen untersucht. Besonders relevant sei der Verkehr. Hier ließe sich eine Reduktion um 20
Prozent eher leicht umsetzen.
Erstens: Flüge unter einer Stunde werden durch Bahnfahrten ersetzt, zweitens Strecken unter drei Kilometer zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt und drittens die Geschwindigkeit im Straßenverkehr wird um sieben km/h verringert.
Sehr extrem sind diese Maßnahmen in meinen Augen nicht. Ein gewaltiger Effekt ganz ohne teure Technik. Theoretisch wäre das sofort machbar. Vermutlich werden es die meisten Menschen vernünftig
finden, kurze Wege mit dem Rad zurückzulegen; und etwas langsamer zu fahren, dürfte auch nicht schwer fallen.
Es wird Zeit, dass die große Politik auch über den sozialen Wandel spricht, über Maßnahmen, die nicht einen Cent kosten, statt über das Wasserstoffflugzeug zu fantasieren.
Heute ganz kurz. Auf den letzten Blog »Wie die Fleischindustrie vegane Burger bekämpft« hat ein Leser geantwortet:
Das Veggie-Wurst Dogma ist tatsächlich lustig, wenn man sich die Verbots-Befürworter anschaut, die normal zu den Öko-Diktatur-Warnern zählen.
Wir sollten bei der EU den Antrag stellen, folgende irreführenden Bezeichnungen zu verbieten: Fleischsalat, Wurstsalat, Fischsalat, Leberkäse, Fleischkäse, Kräutersteak, Paprikasteak, Fleischpflanzerl, Orginal Bayerische Fleischpflanzerl, Quark-Wurst-Pflanzerl
Was für skandalöse Konsumententäuschungen!
Es ist nicht neu, dass die Landwirte unter dem Preisdiktat der großen Lebensmittelhändler leiden. Anfang Dezember haben wütende Bauern ihrem Ärger vorm Zentrallager von Lidl Ausdruck verliehen.
In Cloppenburg blockierten nach Polizeiangaben zeitweise bis zu 140 Traktoren die Zufahrt.
Ich weiß nicht, warum die Bauern sich ausgerechnet Lidl ausgesucht haben. Es hätte vermutlich auch genauso gut Aldi oder Netto sein können.
Seit vielen Jahren ist Lidl bestrebt, sein Image zu verbessern. Es fing an mit Produkten aus fairem Handel, die man ins feste Angebot aufgenommen hat. Und zuletzt sorgte die Kooperation mit
Bioland für viel Aufsehen. Das ist doch schon mal was.
Da kommt die Traktorenblockade ungelegen. Um darauf öffentlichkeitswirksam zu reagieren, veröffentliche der Discounter aus Neckarsulm Anzeigen mit einer Stellungnahme.
Interessant fand ich diese Formulierung: »Als Lebensmittelhändler kann Lidl die Problematik nicht alleine lösen. Um die Lage in der Landwirtschaft nachhaltig zu verbessern, sind mutige Schritte
seitens der Politik, Verarbeitern und unseren Mitbewerbern erforderlich, bei denen wir ausdrücklich unterstützen werden.«
Es ist tatsächlich so, dass Lidl nicht alleine das Problem lösen kann. Wenn sie deutlich besser zahlen, wären die Lebensmittel teurer, und die Leute würden nicht mehr beim Lidl einkaufen. So
einfach ist das.
Also, Lidl wünscht sich eine mutige Politik. Aber als ausgerechnet Julia Klöckner etwas Mut bewies, war es dann auch nicht recht. Die CDU-Politikerin hatte einen Gesetzesentwurf auf den Weg
gebracht, mit dem Landwirte und kleinere Lieferanten besser vor dem Preisdruck der Handelsriesen geschützt werden sollen, und von unfairen Umgangsformen gesprochen.
Da bekam Bundeskanzlerin Angela Merkel einen empörten Brief der großen deutschen Handelsketten. Das sei ja alles gar nicht so.
Daran müssen sich PolitikerInnen wohl gewöhnen. Auf der einen Seite wird von Ihnen Entschlossenheit und Mut gefordert, auf der anderen Seite macht man ihnen genau das zum Vorwurf.
Gestern Abend ging es beim Tischgespräch um Verkehrspolitik und was alles schief läuft. Sandra meinte dann: Ja, stimmt, aber man darf nicht aufgeben!
Stimmt. Ich finde es wichtig, sich immer zu vergegenwärtigen, wo wir herkommen. Also umweltpolitisch. Und da fiel mir vor einigen Tagen diese Grafik in die Hände. Eine positive Nachricht!
In der Zeit von 1998 bis 2015 hat Schleswig-Holstein 34 neue Bahnstationen eröffnet. Bis auf eine werden sie sehr gut angenommen. Derweil sind sieben weitere neue Bahnstationen in Planung, bis 2025 sollen sie eröffnet werden.
Es wird nicht alles schlechter. Und auch bei der Deutschen Bahn geht es seit vielen Jahren aufwärts. Endlich. Das macht sich zwar erst allmählich bemerkbar, weil man über zwei Jahrzehnte kaum in
Züge und Strecken investiert hat – Rückbau, statt Ausbau. Aber das ist Geschichte.
Im Widerspruch dazu stehen tausende Kilometer neuer Straßen, die Bund, Land und Kommunen noch bauen möchten.
Aber ich wollte ja heute etwas Positives schreiben.
Ich wünsche Euch einen schönen Sonntag.
In der Umweltbewegung hat man lange geglaubt, Bürgerbeteiligung ist automatisch gut für den Umweltschutz. Das ist nicht so. Das erste mal begegnete mir diese Erfahrung Mitte der 1990er Jahre, ich habe in Oldenburg noch Umweltpolitik studiert.
In München sprach sich damals die ansässige Lokale Agenda 21 Initiative für einen Autobahn Tunnel in der Landeshauptstadt aus. Immer wieder gibt es solche Nachrichten.
In Berlin votierten die Bürger*innen dagegen, den Flughafen Tegel nach Fertigstellung des BEE zu schließen. Anwohner kämpfen gegen den Umbau eines Parkstreifens zu einem Radweg und
Autoenthusiasten gegen eine Busspur. Es kommt auch häufig vor, dass Bürger*innen lieber auf eine Baumpflanzung verzichten als auf einen öffentlichen Parkplatz vorm Haus – auch wenn sie ihren
Wagen im Hinterhof abstellen können oder über eine Garage verfügen.
Das sind schon frustrierend Momente. Zwar begrüßt die breite Mehrheit die Vision einer autoarmen Stadt. Das ganze Blech, der Lärm und Gestank ist ja auch äußerst unangenehm. Aber wehe, vor der
Haustür soll sich etwas ändern.
Und so konnte auch die Schlagzeile von der TAZ nicht überraschen. »Autofans stoppen Tramprojekt«
Wiesbaden wird laut Bürgerentscheid keine Straßenbahn bekommen. Und das Gegenargument, bitte gut festhalten, für die Tram würden zu viele Parkplätze geopfert.
Tja, offenbar sind Politikerinnen gar nicht so unfähig wie Kritiker behaupten. Vielmehr hakt es nicht selten an der Unfähigkeit der Bürger, sich eine andere Mobilität vorzustellen, überhaupt an
der Bereitschaft, Veränderungen zu akzeptieren.
Im Stadtrat waren sich die großen Parteien einig, was selten genug vorkommt. SPD, CDU und Grüne haben für das Projekt geworben. Noch dazu Fridays for Future, der Allgemeine Deutsche
Fahrradclub, auch die Industrie- und Handelskammer und der Deutsche Gewerkschaftsbund.
Doch in Wiesbaden stimmten 62 Prozent gegen und nur 38 Prozent für das Projekt. Die Beteiligung war mit 45 Prozent hoch. Leider überwiegte die Dummheit und das nicht mal knapp. Tut mir leid, aber
das wird man ja wohl sagen dürfen. Jetzt wird man einwenden, die Menschen waren nicht gut genug informiert, man muss die Leute mitnehmen la, la, la.
Sorry, wenn die drei großen Parteien und top organisierte Verbände für eine Stadtbahn trommeln, dann mangelt es bestimmt nicht an Informationen und werbenden Gesprächen. In Würzburg weigern sich Anwohner gegen die Verlängerung einer Straßenbahnlinie. Ich möchte gar nicht wissen, wo noch zukunftsfähige Mobilitätsprojekte blockiert werden.
Soweit mein nachdenklicher Blog zum Sonntag. Ich wünsche Euch eine schöne Woche.
Für den Laien ist auf Anhieb kaum zu beurteilen, ob unsere Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei den Verhandlungen mit den EU-Agrarministern etwas erreicht hat auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Sie habe hart verhandelt und das maximal mögliche ausgehandelt, sagte Frau Klöckner bei der Pressekonferenz. Dieser Bericht beim Deutschlandfunk fasst gut zusammen, worum es geht.
Das Konzept der Ökoroutine beinhaltet auch steigende Standards.
Hohe Standards sind jedoch nicht in jedem Fall positiv. Das macht eine Studie des Umweltbundesamtes deutlich. Weil Äpfel makellos, Möhren gerade und Kohlrabi mit frischem
Blattgrün versehen sein müssen, werden unnötige Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingesetzt und Produkte entsorgt, die nicht den Anforderungen entsprechen.
Verantwortlich dafür sind keine Gesetze, sondern die Vorgaben des Lebensmitteleinzelhandels.
Offenbar fällt es den Konzernen an dieser Stelle überhaupt nicht schwer, höhere Standards festzulegen. Überhaupt ist das in der freien Wirtschaft allgegenwärtig. Das heißt dann
Qualitätsmanagement. Da gibt es Vorgaben, die bis auf den hundertsten Millimeter einzuhalten sind, über viele Vor-Produzenten hinweg – die Ökonomen sprechen von »Wertschöpfungsstufen«.
Vor diesem Hintergrund ist das sogenannte Lieferkettengesetz ebenso angemessen wie dringlich. Selbstverständlich können Unternehmen die Verantwortung etwa für die Fertigung von Textilien übernehmen, auch in fernen Ländern. Sie tun es jetzt schon, damit die teuren Hemden von Hugo Boss, Esprit und Helly Hansen nicht krumm und schief genäht werden.
Von der Auto- zur Radelroutine ist es ein weiter Weg. Karlsruhe ändert die Strukturen und schafft Platz für Radlerinnen.
Was mich sehr beeindruckt hat: Wo vorher 38 Autos parken konnten, ist jetzt Platz für 680 Räder. Hier wird erneut besonders deutlich, wieviel Platz Autos benötigen. Und: Nur eine kleine
Einschränkung für den Autoverkehr, also 38 Parkplätze weniger, schafft enorm viel Raum für Radler.
Doch mit der Coronakrise ist noch ein zweiter Gedanke von Keynes populär. Der bis heute viel zitierte Ökonom vertrat die Einschätzung, dass die Produktion von Gütern nur dann ins nahe oder ferne Ausland verlagert werden sollte, insofern es sinnvoll und notwendig erscheint.
Der freie Waren- und Kapitalverkehr ist demnach nicht automatisch zum Wohle aller. Besser sollten Produzenten und Endverbraucher, wann immer dies sinnvoll und möglich ist, ein und demselben
Wirtschaftsraum angehören. Keynes bezweifelte nicht, dass der Handel mit Gewürzen, Bananen, Öl, Zink und dergleichen sinnvoll ist. Die überwiegende Anzahl der Produkte könnten die Länder
allerdings selbst herstellen. Diese Überlegungen hat der berühmte Ökonom bereits in den 1930er Jahren angestellt und zumindest theoretisch stimmt es immer noch.
Wir sind extrem abhängig von Export und Import geworden. Länder und letztlich auch Kommunen und Regionen sind politisch selbstständiger, wenn sie nicht ständig die Abwanderung von Kapital und
Arbeitsplätzen ins Ausland befürchtet müssen. In diesem Sinne sind die Forderungen zu verstehen, zumindest systemrelevante Produkte und Dienstleistungen wieder näher an die Bundesrepublik oder
zumindest in die EU heranzuholen.
Der wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik und Ernährung, mit das wichtigste Beratungsgremien im Bundesagrarministerium, fordert verbindliche CO₂-Angaben auf Lebensmittelverpackungen.
Das halte ich für einen fatalen Rat. Wieder soll es der Konsument richten. Was haben denn all die Label für faire und ökologische Produkte gebracht? Öko-fair ist immer noch eine Nische. Es ist
enorm aufwendig, den CO2-Rucksack von Lebensmittel zu bewerten. Zeitverschwendung, denn der Effekt dürfte wie auch in den letzten Jahrzehnten im kaum wahrnehmbaren Bereich liegen.
Für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft muss die Europäische Union ihre Subventionspolitik ändern. Strukturelle Reformen machen die Agrarwende möglich, nicht Label-Appell.
Als ich mir jetzt den Klimaschutzbericht in Osnabrück angesehen habe dachte ich, gleich trifft mich der Schlag. In der Einleitung noch der fröhliche Singsang des Oberbürgermeisters, wir »haben so manches mal Mut bewiesen« und »sind mit innovativen Projekten bundesweit vorangegangen«.
Und dann heißt es lapidar, man habe das Ziel um 12 Prozent verfehlt. Okay, das ist nicht schön, das kriegen wir schon hin. Jetzt packen wir es richtig an.
Doch die Bilanz ist in weiten Teilen erschütternd. Und das trotz vieler gelungener Maßnahmen und der vielen vorbildlichen Absichten.
Die Bilanz im Bereich Verkehr ist ein Desaster. Die »Zielerreichung« für den Verkehr liegt bei +11 Prozent, angestrebt bis 2030 werden -41 Prozent. Der Zustand hat sich also erheblich
verschlechtert, weil die Zahl der Autos zunahm, ebenso wie Pendelfahrten. Der Straßenausbau hat dazu massiv beitragen.
Zu rund 1/3 befeuern die Osnabrücker die Klimahitze mit ihren Öfen im Winter. Viele Heizungen sind inzwischen super modern und besonders die neuen Gebäude recht gut gedämmt. Dennoch gibt es seit
2010 keinen Rückgang beim CO2. Kein Wunder, es kommen ständig neue Häuser dazu.
Die Bilanz dürfte sich noch weiter verschlechtern in den Folgejahren, wenn man bedenkt wie viele Wohnungen in 2017, 2018 und 2019 entstanden sind. Besonders zusätzliche Einfamilienhäuser verschlechtern die Bilanz.
Doch es gibt immerhin einen Lichtblick: Die Wirtschaft hat CO2 bereits um 66% reduziert, angestrebt waren -41% . Feiern kann sich dafür die Osnabrücker Politik jedoch nicht, denn dieser Erfolg
liegt quasi außerhalb ihres Einflussbereiches.
Wir müssen beginnen, uns selbst ernst zu nehmen beim Klimaschutz, und endlich Maßnahmen ins Werk setzen, die sich nicht nur nett anhören, sondern auch tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zur
Minderung der Klimahitze beitragen.
Was müsste geschehen? Hier nur einige Stichworte:
Heute mal ein etwas längerer Blog. Kurzfassung: Die Wirtschaft kann sich ganz doll verändern, aber man muss ihr Zeit und Perspektive dafür geben. Ich spreche hier von Fahrplänen. Diese Form der Steuerung, Planung, Lenkung oder wie auch immer man das nennen mag, ist vornehme Aufgabe der Politik.
Ich habe mir viele Gedanken zu den wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen und Chancen der gegenwärtige Krise gemacht. Doch inzwischen finde ich Nachrichten richtig erholsam, die mal nichts damit zu tun haben.
Strukturen ändern Routinen, lautet das Credo der Ökoroutine. Ganz konkret wird das beispielsweise bei den Anwohner-Parkgebühren.
Manchmal habe ich das Gefühl, wesentlich liberaler zu sein als viele FDP Mitglieder. Ich fände es gut, wenn man es den Städten überließe, die Gebühren fürs Parken vor der Haustür festzulegen.
Das hat sich wohl auch das Land Berlin gedacht. Berlin hat im Bundesrat dafür geworben, den Deckel für Anwohnerparken von bisher maximal 30,70 Euro pro Jahr auf bis zu 240 Euro anheben zu lassen.
Minister Scheuer bezeichnete die Anhebung der Obergrenze als »überzogen«. Der Antrag scheiterte.
Das bedeutet, für private Autos gilt weiterhin: Das Parken auf öffentlichen Flächen gibt es praktisch für lau! Wie in diesem
Blog bereits ausgeführt, zahlen die Anwohnerinnen in vielen Städten Europas locker zehn bis 20 mal soviel. In Amsterdam zum Beispiel über 500 Euro. Wenn Parken in unseren Städten 300 Euro pro
Jahr kosten würde und CarSharing-Parken hingegen nichts, das wäre mal ein schöner Anreiz für den Wechsel.
Ist der Vorschlag aus Berlin wirklich überzogen?
Dem Staat, also unserer Gesellschaft, kann es nicht gleichgültig sein, ob die Mitbürgerinnen fahrlässig mit ihrem Leben umgehen. Deswegen sind beispielsweise viele Drogen verboten.
Die Rauchverbote hatte man jedoch formal nicht beschlossen, um die Raucher vor sich selbst zu schützen, vielmehr ging es um die Gesundheit der »Passivraucher«. Deren Recht auf freie Entfaltung und körperliche Unversehrtheit werde etwa in Gaststätten eingeschränkt.
Dagegen nimmt der Gesetzgeber die Einschränkung der Freiheitsrechte durch Lärm, Schadstoffe und Verletzte im Straßenverkehr vergleichsweise gelassen hin (siehe Blog »Sind Autos sind verfassungswidrig?«). Dabei ist es unbestritten, dass die gesundheitlichen Belastungen durch Straßenverkehr die Lebenszeit der Betroffenen erheblich verkürzt.
Jede Maßnahme, die dazu beitragen soll, den Autoverkehr zur verringern, sollte man mit den Freiheitsrechten der von Lärm betroffenen Menschen begründen. Und auch ein geschützter Radweg, schön breit und sicher, ist ein Beitrag für die Freiheit von VerkehrsteilnehmerInnen. Im Namen der Freiheit müssen sich daher manchmal auch mal Parkplätze zu Radspuren weiterentwickeln
So titelt die Süddeutsche ihre kurze Meldung zur Reiselust der Deutschen. Es heißt dort im ersten Absatz:
»Vor allem zieht es die Urlauber dabei ans Mittelmeer – und Gebiete rund um den indischen Ozean. Der Trend zur Fernreise ist also genauso ungebrochen. Klimastreiks und Schülerprotesten zum Trotz spürt die Reisebranche keine Flugscham, die Kunden wollen der Umwelt zuliebe offenbar nicht freiwillig aufs Fliegen verzichten. Das bestätigen der Marktführer TUI und der Branchen-Fünfte Alltours. Im Gegenteil: „Die private Nachfrage nach Flügen auf der Mittel- und Langstrecke wächst über alle Flughäfen in Deutschland“, bestätigt Ralph Beisel, der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV.«
Wieder mal ein Beleg, dass appellative Umweltpolitik versagt. Und auch die im Klimapäckchen beschlossene Abgabe wird das nicht ändern. Ein Langstreckenflug soll künftig 17 Euro teurer werden. Wie
lächerlich das ist, wird einem sofort bewusst, wenn man die Kosten fürs Parken am Flughafen betrachtet: Am Flughafen Frankfurt kostet die Woche zum Schnäppchen-Tarif 80 Euro. Hin- und Rückflug
nach Neuseeland können schnell mal 1400 Euro kosten. Glaubt wirklich jemand, dass die erhöhte Flugsteuer unseren rücksichtlosen Flugtourismus begrenzt?
Warum werden die simplen Vorschläge nicht diskutiert? Es wäre doch ganz einfach, Flughäfen nicht auszubauen und keine zusätzlichen Lizenzen für Starts- und Landungen zu vergeben. Warum werden
selbst
defizitäre Provinzflughäfen wie Kassel-Calden, Rostock Laage oder Münster-Osnabrück durch kommunale Steuergelder künstlich beatmet?
Bei einem Vortrag in Coesfeld war ein Landwirt unter den Teilnehmern. Er zeigt sich nicht amüsiert. Höhere Standards und in 15 Jahren 100% Bio, nein das geht nicht. Das sagen nur Leute, die keine Ahnung haben.
In der Diskussion hat er behauptet, man bekäme die Menschen mit Biolandwirtschaft gar nicht satt. Das wird oft behauptet, ist aber falsch. Das beschreibe ich in im Kapitel »Kann Bio die Welt
ernähren?« der Ökoroutine. Mittlerweise gibt es einige Studien dazu.
»100% Bio für Alle« ist möglich, wenn wir weniger Fleisch essen. Neulich wurden in der ZEIT diese eindrucksvollen Zahl präsentiert: Bald die Hälfte der weltweit geernteten Ackerpflanzen werden
für Tierfutter benötigt. Und nur knapp 40 Prozent für Nahrung.
Es gibt genügend Flächen, um auch mit geringeren Erträgen zehn Milliarden Menschen zu ernähren. Nur, dass alle Menschen so viel Fleisch essen wie die Deutschen, das geht nicht.
Lieber Michael, jetzt musste ich mir schon wieder anhören, »Ihr von den Grünen! Das ist doch eine Verbotspartei«. Das nervt echt. Du kennst Dich doch aus mit Verboten. Was sagst Du denn dazu?
Es gibt viele mögliche Antworten und Vergleiche. Eine habe ich neulich in der Zeitung gelesen. Das Rauchverbot in Gaststätten ist keine klassische Bevormundung, sondern ein Verbot zum Schutze der
Nichtraucher. Das haben die meisten Menschen inzwischen akzeptiert.
Wenn ich das Fliegen begrenze und klimafreundliche Standards für Autos festlege, dann geht es ebenfalls darum, das Leben anderer Menschen zu schützen. Etwa von solchen, die heute mehr denn je
unter Dürrekatastrophen leiden und ihre Rinder verlieren.
Mit denen sitzen wir nicht in einem Raum, aber einleuchten sollte es dennoch. Was ist das denn für eine Freiheit, wenn ich sie nur zulasten von Mitmenschen ausleben kann? Genau dafür brauchen wir
gesellschaftliche Vereinbarungen. Und wenn man es unbedingt so nennen will, Verbote. Puh. Ist das so schlimm?
Ich freue mich darüber, dass in Kneipen nicht geraucht werden darf. Ich bin froh, dass die Menschen vor roten Ampeln halten. Und ich finde es gut, dass mein Nachbar nicht einfach seinen Müll in
meinem Garten entsorgen darf. Das ist nämlich verboten.
Völlig naiv ist in weiten Teilen das Klimaschutzpaket der Bundesregierung. Viele Anreize, keine Vorgaben. Keine Begrenzung. Man stelle sich vor, es gäbe nur Anreize, damit die Menschen ihre
Steuern zahlen. Wie viel Euro da wohl zusammen kämen, wenn Steuern zahlen freiwillig wäre.
Plastikmüll ist ein Riesenthema. Schülergruppen kämpfen in vielen Städten gegen Plastiktüten. Plastikstrohhalme dürfen bald nicht mehr verwendet werden.
Nichtsdestotrotz wird sie größer, die Plastikmüllhalde. Viel Moral, keine Müllvermeidung.
Es gab einmal die Vorgabe, dass Getränke zu mindestens zu 70 Prozent in Mehrwegflaschen verkauft werden müssen. Seit vielen Jahren beobachten wir, dass die Unternehmen sich nicht darum scheren.
Im Jahr 2017 wurden nur etwa 42 Prozent der Getränke in Mehrwegflaschen abgefüllt. Das zeigen die aktuellen Zahlen zur Getränkeabfüllung in Deutschland, die das Umweltbundesamt (UBA) so vorgelegt hat.
Da Getränkeverpackungen mehr als ein Viertel der deutschen Verpackungsabfälle ausmachen, würde ein höherer Mehrweganteil den Verpackungsabfall deutlich reduzieren, mahnt das UBA.
Was ich mir wünsche: Statt moralischer Appelle machen wir die Mehrwegflasche zum Standard.
Mehrwegflaschen aus Glas können 50-mal – PET-Mehrwegflaschen 20-mal befüllt werden. Ist doch eigentlich super oder?
Wenn die Wässerchen und Bierchen dann auch noch mit etwas Lokalpatriotismus gekauft würden, dann wäre das doch wunderbar. Denn Mehrwegflaschen aus der Region schneiden wegen geringer Transportemissionen aus Umweltschutzsicht am besten ab.
Es gibt einfach nichts anderes mehr. Die Unternehmen bekommen eine Übergangszeit, um sich darauf vorzubereiten, sagen wir bis zum Jahr 2023.
Ganz einfach, oder? Wir reden zu wenig von den Dingen, die sich ganz leicht umsetzen lassen.
Was ich mir wünsche: Mehr Mut und Tatkraft in der Politik.
Von Eva Güse
Es gibt Fakten, die sich zu »Oh, ich schäme mich so, dass ich in Urlaub flog!« verhalten wie... ein hungriger Eisbär, der sich an einen Handtaschenhund mit ultraschallgepflegten Zähnen anschleicht.
Na, gefällt Euch, was Ihr seht? Dieser Innenhof war mal grün, mit Rasen, Bäumen und Sträuchern. Dann kam das Auto. Nach und nach haben die Menschen ihre Innenhöfe verstümmelt.
Und es schien ganz »vernünftig«, dem teuren Gefährt einen würdevollen Platz zu geben. Nun, geschützt zumindest, das soll das geliebte Automobil sein. Am besten in einer Garage. Die hat zwar den
Nachteil, dass man seinen Stolz nicht zeigen kann, aber man muss weniger Angst haben, dass man beklaut wird. Von Armen und Neidern.
Immerhin ist das eine Garagendach grün bewachsen. Dann ist es nicht mehr ganz so schlimm. Es gibt zugleich eine Ahnung, wie es sein könnte, wenn wir tun würden, was wir wollen. Und etwa auf
CarSharing umsteigen. Dann wäre wieder viel Raum für Grün.
Und wir müssten nicht mehr so oft ins Auto steigen, um ins grüne zu fahren.
Ab dem kommenden Jahr (2020) wird in Frankreich eine Ökosteuer auf Flugtickets fällig. Pro Ticket sollen dann 1,50 Euro bis 18 Euro auf den Flugpreis draufkommen. Rund 180 Millionen Euro will das Land damit zusätzlich erlösen.
Das war krass. Um 15:30 kommt ein Anruf vom zdf heute-journal. Ein Statement ist gewünscht....wow! Später dann Interview mit Klaus Kleber. Puh!
Wir haben vorher kurz telefoniert. Der Mann ist wirklich sehr sympathisch. Hier das Ergebnis.
Heute fahre ich an einem Einfamilienhaus vorbei, vollständig renoviert und deutlich vergrößert. Es liegt nur 1,5 km vom Stadtzentrum entfernt, verfügt aber gleichwohl über zwei Garagen. In der heutigen Zeit ist das ein Statement. Die Eigentümer könnten gleich auf das Garagentor malen: »Klimaschutz? Ist mir doch egal!«.
Allein, sie tun es nicht. Sie denken es nicht. Bestimmt wünschen sie sich weniger Autos in der Stadt. Und mit ziemlicher Sicherheit wünschen sie sich mehr Engagement beim Klimaschutz. Was das mit
den Garagen und den eigenen Autos zu tun hat, hm.....das ist jetzt aber sehr moralisch.
Der verstopften Straßen sind ein kollektives Problem. Es lässt sich nicht auf individueller Ebene sondern nur gesellschaftlich lösen. Ökomoral hilft da nicht weiter.
Auf der »Kulturellen Landpartie« ist mir dieses Karussell begegnet. Die junge Frau im Vordergrund betreibt es mit Muskelkraft.
Kinder können sich auch an Kleinigkeiten erfreuen. Die permanente Ausdehnung des Angebots, immer neue, krassere Reize überfordern nicht nur Kinder, sondern auch uns. Und wir vergessen dabei, worauf es im Leben eigentlich ankommt, was uns glücklich macht.
Das Umweltministerium will gesetzlich dagegen vorgehen, dass Online-Versandhändler Teile ihrer Rücksendungen vernichten. Michael Kopatz sieht die Pläne grundsätzlich positiv. Allerdings, so der Projektleiter beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, gebe es bessere Möglichkeiten, den Onlinehandel klimafreundlicher zu machen. Sein Vorschlag: keine neuen Straßen bauen!
Zum Interview im Deutschlandfunk. Ab Minute 13:11.
Im Stadtkern von Osnabrück spielt sich regelmäßig dieses Drama ab. Irgendwie scheint es den Leuten egal zu sein, dass sie fast eine halbe Stunde auf einen Parkplatz warten, obwohl andere Parkhäuser frei sind. Diese sind kaum schlechter gelegen.
Sie warten mit laufendem Motor. Was denken sich Menschen wohl dabei? Das sind so Fragen, die mich immer wieder umtreiben. Die sind ja nicht dumm. Aber sie haben Routinen.
Ökoroutine fragt: Was mus geschehen, damit diese Menschen das Auto zuhause stehen lassen? Sie sind
offenbar leidensbereit.
Es muss möglich sein, die Fußgängerzone mit Bus, Bahn oder Rad schneller zu erreichen als mit dem Auto. Es muss billiger sein.
Ganz einfach. Oder?
Am letzten Montag hat der Stadtrat von Osnabrück einen einstimmigen Beschluss zur Förderung des Radverkehrs gefasst. Der Grünen-Fraktionschef Volker Bajus sprach vom »Radwegfrieden von Osnabrück«.
Es gab wie immer, viele Fensterreden. Hier ist meine:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Artikel 2 unserer Verfassung steht: »Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.« Wer jetzt sagt, Autofahren ist Privatsache, gibt sich einer großen Illusion hin.
Man kann sein Auto nicht nutzen, ohne die Freiheitsrechte anderer einzuschränken. Das gilt natürlich besonders für die Freiheitsrechte von Radfahrerinnen und Fußgängerinnen. Man muss nur einmal
den Radweg am Wall nutzen. Die Situation ist unerträglich. Niemand lässt seine Kinder hier fahren.
Wir beklagen zwei tote Radfahrer im Jahr. Und guckt man in den Stadtplan, der anzeigt, wo Radler verletzt wurden, dann sieht man eine mit Punkten übersäte Karte.
Redet mal mit den Menschen, die an einer stark befahrenen Straße, wie der Iburger, Sutthauser, Buersche, Rheiner Landstraße.
Wenn man dann noch bedenkt, welche Auswirkungen die Schadstoffemissionen besonders auf Kinder und ältere Menschen haben....da wird Freiheit genommen.
Ich finde auch, gerade als Arzt muss man diese Probleme mit großer Sorge betrachten. Tom Thiele zeigt immer wieder vorbildlich, wie man dem Hippokratischen Eid auch durch politisches Engagement
nachgehen kann.
Wer die Freiheitsrechte der Menschen bewahren möchte, kommt nicht um hin, die Städte menschenfreundlich zu gestalten.
Und eben dazu leistet diese Beschlussvorlage einen wichtigen Beitrag. Und es freut mich sehr, dass wir hier einer Meinung sind.
Was mich betrübt ist, dass immer wieder so getan wird, als sei es eine Frage von links oder rechts oder halt grüner Politik, wenn wir mehr Platz für Radfahrer schaffen. Ist es doch gar nicht!
80% der Bürgerinnen wollen weniger Autos in der Stadt. Das sollte doch Rückhalt genug sein für alle Fraktionen. Das ist der kollektive Wunsch. Individuell beißen die Leute ins Tischbein vor Wut,
wenn vor ihrem Haus ein Parkplatz verschwindet. Lieber Parkplätze, statt Bäume, alles schon erlebt.
Auch schlimm: Bürger beschweren sich über die gefährlich schnellen Radfahrer, auf dem Radschnellweg.
Es ist leider so, das ist wissenschaftlich erwiesen, je weniger ernsthafte Problem die Menschen haben, also mit zunehmender Sicherheit, da nimmt die Aufregung über Banalitäten und
Nebensächlichkeiten zu.
Wir Politiker dürfen uns von diesen mikrolokalen Widerständen nicht irritieren lassen. Persönliche Egoismen lassen sich nur gesellschaftlich überwinden. Eben durch Politik.
Jetzt steht in der Vorlage wieder drin »Parkplätze werden nach Möglichkeit erhalten«. Warum nur? Leute, wir lösen die Probleme Lärm, Schadstoffe, Tote und Verletzte und die klimatische
Selbstverbrennung nicht dadurch, dass wir die Parkplätze erhalten.
Niemand ändert seine Autoroutine, wenn sich in der Innenstadt alles wunderbar damit erledigen lässt. Niemand fängt an, in die Stadt zu radeln, oder den Bus zu nehmen, wenn es nicht zu gleich
schwieriger und teurer wird, einen Parkplatz zu finden.
Erneut: Diese fatalen Egoismen können wir nur überwinden, wenn wir politisch geschlossen handeln. Also, bitte nicht um jeden Parkstreifen kämpfen, diesen Platz benötigen wir an vielen Stellen für
breite und sichere Radwege.
So, und das Weitere darüber, warum welcher Punkt in diesem Beschluss besonders gut ist für Radler, erspare ich mir jetzt. Dass wissen wir doch alle. Oder: das machen vermutlich jetzt meine
Nachredner.
Letzten Dienstag, also am 7. Mai 2019, lief auf den dritten Programmen die Sendung »Planet Wissen: Klimahelden - Was jeder tun kann«. Hier habe ich mal etwas ausführlicher die Gelegeneheit gehabt, die Ökoroutine zu erklären.
Der Ankündigungstext lässt einen Ratgeber erwarten, was man alles tun kann für den Klimaschutz. Doch immerhin hat der bereits bei Quarks gesende Film über die persönlichen Möglichkeiten gezeigt, dass man allein die Welt nicht retten kann.
Da in der Sendung bei Planet Wissen auch Carla Reemtsma von »Fridays for future« zu Gast ist, kommt die Bedeutung des politische Engagements gut zur Geltung.
Wer sich engagiert, das ist für mich ein Klimaheld.
Oft werde beklagt, die EU sei überreguliert und dies sei ein Wettbewerbsnachteil. Dabei sei das Gegenteil der Fall: Weil die EU striktere Vorschriften hat als andere, werden diese Regeln dann zum globalen Standard.
Dieser Artikel von Christian Mihatsch über den Bericht einer Rechtsprofessorin ist ein Tolles Plädoyer für Standards und damit für das Konzept Ökoroutine.
Christian Lindner bezeichnet die Grünen permanent als Verbotspartei. Sie wollten zum Beispiel nur noch drei Flüge pro Person erlauben. Ist das gelogen oder nur die halbe Wahrheit?
Lindner bezieht sich auf den grünen Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek. Dieser meinte, man müsse darüber nachdenken, die Zahl der internationalen Flugreisen auf drei Hin- und Rückflüge pro
Jahr und Person zu deckeln. Wer mehr fliegen will oder muss, kann sich solche Flugrechte oder »Zertifikate« von anderen Bürgern kaufen, die welche erübrigen können.
Das ist jetzt nicht wirklich ein Verbot, sondern eine marktwirtschaftliche Lösung für ein Megaproblem. Damit ist es doch eigentlich ein Ansatz, den die FDP sehr begrüßen müsste, oder? Eine
Lösung, die die hohen Umwelt - Kosten einbezieht, wie der Emissionshandel.
Auf der FDP-Webseite heißt es zumindest, man wolle
»den Emissionshandel verstärken und auf die Sektoren Wärme und Verkehr ausweiten«.
Doch dazu schweigt Lindner in der Diskussion bei Markus Lanz. Stattdessen sagt er zum Vorschlag von Janecek auf seiner Facebook-Seite: »Wer Flugreisen rationiert, zeigt das alte Gesicht einer
Verbotspartei.«
Daraufhin heißt es bei der Bild-Zeitung »Neuer Bevormundungs-Anfall bei
den Grünen«.
Völlig zu Recht fordert Luisa Neubauer bei Markus Lanz, Politiker sollten sich nicht nur streiten, sondern Lösungen präsentieren. Lindner und die Bild-Zeitung wissen offenbar, was sie nicht
wollen. Aber wie wollen sie das Problem lösen?
Ach ja, Wasserstoffflugzeuge. Einen realistischen Vorschlag macht man lieber nicht.
Ich habe mir jetzt mal, auf Empfehlung eines Freundes, die Klima-Debatte bei Markus Lanz angeschaut. Mit Christian Lindner, David Hasselhoff und Luisa Neubauer. Luisa hat die Fridays for Future Bewegung vertreten.
Einstieg war der Tweet von Lindner, wonach man den Klimaschutz lieber den Profis überlassen solle. Nun stand der smarte Liberale unter Druck. Seit Wochen muss er sich dazu äußern und war also
bestens vorbereitet.
Er fände es toll, dass er so ehrlich seine Meinung äußere und stehe auch zu diesem Tweet. Aber er sei halt missverstanden worden. Mit Profis seien nicht Politiker, sondern die Ingenieure gemeint.
Die Techniker wüssten am besten, was zu tun sei.
Nur, wie soll man die Techniker dazu motivieren, sich um grüne Innovationen zu bemühen? Von allein machen die das nicht. Tja, dazu sagt der Herr Lindner nichts.
Der FDP-Chef meint, ihm sei der Klimaschutz ganz wichtig. Aber die Regierung stelle sich zu dumm dabei an. Zu viel Planwirtschaft! Wir bräuchten clevere Instrumente. Welche? Das sagt er nicht. Er
erwähnt nicht einmal die CO2-Steuer, um sich nicht unbeliebt zu machen. Dabei ist immer wieder zu hören, dass die FDP zumindest diesen Ansatz begrüßt.
Stattdessen sagt er mindestens vier Mal, die Grünen wollten nur noch drei Flüge pro Person zulassen. So formuliert ist das gelogen, mehr dazu im nächsten Blog. Lindner schimpft immer wieder über
die Verbotspartei. Mehrfach spricht er von Planwirtschaft, als sei politische Steuerung Kommunismus.
Nun, die Fliegerei heizt den Planeten auf. Das sieht Lindner ein. Wie möchte er nun das Problem »clever« angehen? Ganz im Ernst: Wasserstoffflugzeuge. Das ist seine Lösung.
Erstens: Er sagt nicht, wie sich sein »Konzept« in nächster Zeit politisch auf den Weg bringen lässt.
Zweitens: Bei der Erzeugung und der Verwendung von Wasserstoff braucht man extrem viel Energie. Notwendig dafür wäre Strom aus erneuerbaren
Energien. Deren Anteil bei der Stromerzeugung liegt gerade bei knapp 40 Prozent. Bis zu 100 Prozent ist es noch ein beschwerlicher Weg. Darüber hinaus müssten dann in einem kaum vorstellbaren
Ausmaß weitere Solarfelder und Windparks installiert werden, um nur einen Teil des benötigten Wasserstoffs zu erzeugen.
Es erfüllt mich mit großer Sorge, wenn sich intelligente Menschen wie Christian Lindner mit so unfassbar naiven Vorschlägen brüsten. Ob er selbst daran glaubt? Oder ist er einfach verschlagen?
Das weiß man nicht.
Das sind so Momente, da zieht sich der optimistische Teil in mir zurück. Und mich überkommen große Zweifel.
Es dauert dann ein Weile, bis ich mich wieder aufgerappelt habe. Es geht alles viel zu langsam voran, weil die Lindners dieser Welt auf die Bremse treten.
Wie geht man damit um? Weiter machen. Das ist immer noch besser als aufzugeben.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet: Der Börsenwert des Chemie- und Agro-Konzerns Bayer ist mittlerweile geringer als die Summe, die Bayer im vergangenen Jahr für den US-Konzern Monsanto bezahlt hat.