Wirtschaft neu denken

»Das Gute darf wachsen, das Schlechte muss schrumpfen«, so hat es Wolfgang Sachs einmal treffend zusammengefasst. Die Wachstumsdebatte krankt mitunter daran, dass einige Kritiker das Wachstum als solches problematisieren. Dabei ist erfolgreicher Klimaschutz nicht ohne Wachstum bestimmter Sektoren möglich.


Doch ist es plausibel, aus ökologischen Gründen eine Schrumpfung der Wirtschaft zu fordern? Wo es hinführt, wenn die Wirtschaft schrumpft, lässt sich sehr gut in Krisenzeiten beobachten. Jobs gehen verloren, Steuereinnahmen sind rückläufig, die Sanierung von Schulen wird verschoben, es gibt keine Rentenerhöhung, sondern Kürzungen, es fehlen die Mittel für den Ausbau der Bahn, von Radwegen und vielem mehr.


Wirtschaftskrisen wirken sich zwar meistens positiv für den Klimaschutz aus. Aber die Menschen leiden, wenn man beispielsweise an die Finanzkrise und die Folgen etwa für Griechenland und Spanien denkt. Schrumpfung, zumal eine unkoordinierte, ist keine Lösung.


Einmal angenommen, es geschähe, was geschehen müsste. Häuser würden nur noch aus Holz oder anderen naturverträglichen Materialien gebaut. Wie viele Jobs gehen da bei den Zementwerken in der Zementindustrie verloren und wie viel würden auf der anderen Seite in der Holzindustrie, Waldwirtschaft, Sägewerken, Zimmerei und so weiter entstehen? Welche Transferpotenziale gibt es zwischen beiden Arbeitsmärkten? Können also Beschäftigte aus einem Zementwerk in ein Sägewerk wechseln?


Carsharing ist für die deutsche Autowirtschaft ein Alptraum. Würde die Vision einer Mobilitätswende real und, sagen wir mal nur noch 30 Millionen statt wie jetzt 50 Millionen Pkw herumstehen, wäre das wohl nicht so erfreulich für die Hersteller in Deutschland. Lassen sich die Stellenverluste durch neue Jobs im öffentlichen Nah- und Fernverkehr auffangen?


Die Stromerzeugung aus Kohle und Gas muss schrumpfen. Bis vor einigen Jahren haben noch viele Lobbygruppen behauptet, das funktioniert nicht. Doch es kann  sein, dass sich diese Schrumpfung durch Wachstumsbranchen wie Solare Stromerzeugung und moderne Heizungen ausgleichen lässt.


Manche Dinge müssen schrumpfen: Plastikmüll, Strom aus Steinkohle und Braunkohle, die Zahl der Pkw, Verbrennungsmotor, Parkplätze, Nationalismus, Einsatz von Pestiziden.


Vieles sollte nicht wachsen: Flugtaxi, Hyperloop, Weltraumtourismus, Ausbau von Flughäfen, Straßenbau, Streaming, Logistikzentren, Gewerbe- und Büroflächen
Und für viele Sektoren ist Wachstum wünschenswert: Ökologische Landwirtschaft, Produktion von Fahrrädern, Rollern, E-Autos, CarSharing, BikeSharing, DeskSharing, Reparaturwesen, Ersatzteilvorhaltung, Mehrwegsysteme und Pfandflaschen, Regionale Ökonomie, lokale Produktion, Pflege, Medizin, Bildung, Gemeinschaft und soziale Sicherheit.


Klingt doch gar nicht schlecht, oder?