Verkehrswende und Parkplatzwachstum, das passt nicht zusammen. Was hier gepflastert ist, war einmal Garten. Man sehr gut erkennen, was die Satzung für Grünflächen bedeutet
Wenn man sich dafür ausspricht, die Belastungen durch den Straßenverkehr zu verringern, sollte man in der Konsequenz den Zubau von Parkplätzen stoppen. In manchen Städten scheint es so, als würden nach und nach Parkplätze in Grünflächen oder Radwege umgewandelt. Das sind aber Ausnahmen.
Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Bundesweit werden Investoren per Kommunalsatzung gezwungen, große Flächen für Parkplätze zu versiegeln. Beispielsweise wenn durch Umbau- oder Anbaumaßnahmen
neue Wohnungen entstehen. In manchen Kommunen sieht die Satzung zwei Parkplätze je Wohnung vor.
Vor einigen Tagen habe ich eine solche Umbaumaßnahme kurz vor dem Abschluss gesehen und mich gewundert, dass der ganze Vorgarten gepflastert wurde – für Parkplätze. An der Straße wäre zwar
genügend Platz gewesen, für die zusätzlichen Fahrzeuge, aber die Satzung schreibt das nun mal so vor. Und da verfolgt die Bauaufsicht eine klare Linie.
In Deutschlands Städten und Gemeinden, wächst die Zahl der Parkplätze kontinuierlich.
Fast alle Städte behaupten, sich für die Verkehrswende zu engagieren. Zugleich erzwingen sie durch eine Satzung die Einrichtung von zusätzlichen Parkplätzen, mit jedem Wohnhaus, Supermarkt und Unternehmen. Selbst wenn die Zahl der zugelassenen Pkw abnimmt, würden durch die Stellplatzsatzungen die Parkflächen zunehmen.
In Marburg haben wir die Satzung so abgewandelt, dass in der Kernstadt quasi kein Parkplatz mehr eingerichtet werden muss. Viele Investoren nehmen diese Chance gerne wahr, sowohl im Neu- als auch
beim Erweiterungsbau.
Ein Parkplatz in einer neuen Tief- oder Hochgarage erhöht die Miete einer Wohnung um mindestens 100 Euro. Die reformierte Stellplatzsatzung ist also nicht nur gut für den Erhalt von Grünflächen,
sondern auch ein wichtiger Beitrag für bezahlbaren Wohnraum.
Mir wurde oft vorgeworfen, mit der neuen Satzung würde man dem Parkdruck nicht gerecht. Wenn ich dann gesagt habe „Parkdruck ist nicht schlecht, sondern gut. Das macht die Alternativen
interessanter“ gucken mich viele Kollegen irritiert an. Die Vorstellung, dass immer und überall genügend Parkplätze vorhanden sein müssen, hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Da ist es schwer,
neue Strategien zu etablieren.
Wir brauchen sie aber dringend, denn die vielen Fahrzeuge werden im Schnitt nur eine Stunde am Tag genutzt. In keinem Verhältnis dazu steht der Platzverbrauch. CarSharing ist einfach viel
effizienter und wird attraktiver, wenn Parkplätze knapp sind.
Eigentlich müsste das Gegenteil passieren: Unsere Städte bräuchtenin Limit für Parkplätze. Das würde ich mir wünschen. Neue Parkplätze entstehen nur noch, wenn in derselben Stadt woanders
dieselbe Zahl Flächen entsiegelt werden. Die an Parkplätzen interessierten Investoren könnten das miteinander verhandeln.
Klingt visionär? Stimmt. Ich denke, wer keine Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.