In Deutschland bekommt man Geld vom Staat, wenn man ein Dieselauto fährt, wenn man pendelt oder wenn man einen Dienstwagen hat. Viele Milliarden gab es zuletzt für den Kauf eines Elektro- oder Hybridautos.
In Marburg gibt es jetzt 1250 Euro Prämie, wenn man ein Auto abmeldet und zum Beispiel CarSharing ausprobiert. Dafür gibt es einen Gutschein im Wert von bis zu 800 Euro. Hinzu kommen 400 Euro in
Form von Marburg-Gutscheinen, die man bei 200 Händlern und Restaurants ausgeben kann. Zudem zahlen wir bis zu 600 Euro für Deutschlandtickets.
Die Reaktionen sind überwältigend positiv. Es gab schon viele Anträge in den ersten Tagen. Mit so einem Ansturm haben wir gar nicht gerechnet.
Aber es gibt auch Kritiker, die sagen, dass hier Steuergelder verschwendet werden. Zudem sei die Umsetzung schwer kontrollierbar, die Wirkung kaum messbar.
Das erscheint mir kaum nachvollziehbar. Der Bund fördert das Autofahren mit jährlich rund 15 Milliarden Euro. Die Wirkung ist eindeutig negativ. Im Jahr 2008 hat der Bund fünf Milliarden Euro
verschenkt, damit die Menschen ihre Autos verschrotten lassen. 2500 Euro hat man dafür bekommen, das nannte sich Umweltprämie. In Marburg bekommt man jetzt die Hälfte davon, wenn man wirklich
etwas für die Umwelt tut und auf CarSharing umsteigt.
Einmal angenommen der Bund würde nur ein Drittel der Autobesitzförderung auf eine Förderung für Mobilität ohne Privatauto verlagern, dann könnten jährlich bis zu vier Millionen Euro Prämie
ausgezahlt werden. Jedes Jahr würden also vier Millionen Autos für mindestens ein Jahr abgemeldet werden.
Ganz freiwillig und ohne Zwang käme es zu einer dramatischen Blechentlastung in den Städten. Das wäre doch fantastisch!
In der Kernstadt von Marburg, das haben Untersuchungen ergeben, steht ein Viertel der Fahrzeuge überwiegend rum. Das ist wenig der überraschend, denn unsere Autos sind Stehzeuge. Sie werden im
Durchschnitt nur eine Stunde täglich genutzt. Repräsentative Befragungen zeigen, dass ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger in den Städten von ihrem Auto sagen, dass sie es eigentlich gar nicht
brauchen.
Für Millionen Menschen ist das Privatauto extrem unwirtschaftlich. Viele Menschen wohnen und arbeiten in der Stadt, fahren viel Rad und nutzen den Wagen kaum. Trotzdem zahlen sie monatlich locker 400 Euro dafür. Warum? Das ist Routine. Das ist unsere Mobilitätskultur.
Rational ist CarSharing für viele Millionen Menschen die besser Alternative, etwas umständlicher zwar, aber mit vielen Vorteilen. Und dennoch tun sich auch Ökos schwer mit dem Wechsel. Mit der
persönlichen Verkehrswende.
Das ändert sich jetzt vielleicht in Marburg.