Klein-Atomkraft: Der falsche Optimismus

Deutschland ist mit seinem Atomausstieg nicht allein. Das Hightech-Land Taiwan hat sein letztes Atomkraftwerk im Mai abgeschaltet. Das ist klug. Spätestens mit dem Super-GAU in Fukushima 2011 war klar, es gibt keine absolute Sicherheit. Bei einer Katastrophe wären weite Teile Taiwans verseucht. Die Debatte verlief dort ähnlich wie bei uns: Mit einer aggressiven Kampagne machte die Atomlobby Stimmung gegen den Ausstieg.

Was mich immer wieder sprachlos macht, ist die schizophrene Argumentation von Markus Söder. Er fordert längere Laufzeiten und den Bau neuer Reaktoren. Gleichzeitig lehnt er rigoros ein Endlager in Bayern ab. Nimmt der Mann sich selbst ernst?

Großbritannien baut schon neue Reaktoren. Die Kosten für das Kraftwerk Sizewell C könnten dabei enorm steigen – von zunächst geplanten 21 Milliarden auf inzwischen geschätzte 55 Milliarden Euro. Das wird der teuerste Strom aller Zeiten Das Projekt illustriert, wie kompliziert solche Großanlagen zu planen sind und wie schnell die Kosten ausufern.

Ich erinnere mich gerne an eine Podiumsdiskussion mit Söder und Robert Habeck auf der internationalen Handwerksmesse . Da hat der grüne Vizekanzler den Atom-Lobbyisten Söder wunderbar entlarvt – mit belastbaren Argumenten.

Jetzt will man hier und in anderen Ländern kleine Reaktoren bauen. Im günstigsten Fall liegen die Kosten für die Erzeugung von Solarstrom aus Freiflächenanlagen bei etwa drei Cent pro Kilowattstunde. Windstrom von Onshore-Windkraftanlagen kostet vier Cent. Ob die Minireaktoren das billiger hinkriegen? Die Technik befindet sich noch in der Entwicklungsphase und die Endlagerproblematik bleib. Billige Stromproduktion scheint hier nicht zu erwarten.

Mich wundert der nukleare Technik-Optimismus. Dahinter stecken mächtige Leute mit viel Geld. Klar ist, das Geschäft mit Mini-Atomkraft machen wenige Konzerne, während die solare Branche durch vielfältige Organisationsstrukturen geprägt ist, etwa in Form von Genossenschaften. Gewinne bleiben häufig in der Region. In Marburg haben wir dazu besondere Vorgaben gemacht, damit die vor Ort betroffenen Menschen profitieren. Ein Teil der Gewinne geht dann an sie. Das haben die Lobbyisten von Mini-Atomkraft bestimmt nicht im Sinn.