Amthor versus Ökoroutine

Nach jedem Vortrag über das Konzept der Ökoroutine kam anschließend die Anmerkung: »Ja aber, der Lobbyismus!«. Standards erhöhen und Limits festlegen, dass sind ja super Vorschläge. Aber die PolitikerInnen sind doch nur die Laufburschen (oder Laufmädels?) von kapitalmächtigen Konzernen und Verbänden.


Lobbyismus ist definitiv ein Problem, so meine regelmäßige Antwort. Aber Politiker setzen auch Entscheidungen gegen die Interessen von Lobbyisten durch. Beispielsweise zeigte sich die Autoindustrie empört über die hohen CO2-Vorgaben für ihre Produktion. Dennoch wurden sie beschlossen.


Überhaupt gibt es inzwischen wohl keine Maßnahme, die nicht von irgendwelchen Interessengruppen bekämpft wird. Die Wutbürgerinnen sind ja kaum besser. Ob Stromtrasse, Windkraftanlage oder Wohnsiedlung, die Betroffenen setzen vieles in Bewegung, um ihren Vorgarten sauber zu halten.


Die Mitglieder der kommunalen Ratsparlamente werden überhäuft mit wütenden Mails. Ich bin immer wieder verwundert, mit wie viel Geduld Verwaltung und Politik darauf eingehen. Die Interessen der betroffenen Bürger werden sehr ernst genommen. Gehört werden allerdings nur laute Gruppen. Überforderte und benachteiligte Menschen sind leise.


Zurück zum Lobbyismus auf Bundesebene. Was mich jetzt wieder richtig wütend gemacht hat: Der Fall Philipp Amthor. Einer Spiegel-Recherche zufolge hat Amthor auf offiziellem Bundestags-Briefpapier im Bundeswirtschaftsministerium für einen Lobby-Termin mit dem US-Unternehmen Augustus Intelligence geworben.


So etwas gefährdet unsere demokratische Grundordnung. Nicht zuletzt AfD-Wähler fühlen sich bestätigt. Die da oben, korrupt und selbstsüchtig. Politiker paktieren mit den Mächtigen. »Wie es uns geht, ist denen doch egal.«


In der Ökoroutine gibt es zwei kurze Kapitel über Lobbyismus, einmal in der Analyse und später bei den Strategien. Ich habe es seinerzeit mit Lobbycontrol abgestimmt. Die Arbeit des Vereins ist enorm wichtig für das Vertrauen in unsere Demokratie. Dieser fordert seit Jahren ein Lobbyregister. Es wäre eine Art Frühwarn-System, das offenlegen würde, welche Akteure mit welchen Mitteln versuchen, politisch Einfluss zu nehmen. Weil es keines gibt, blieb verborgen, dass die US-Firma Augustus überhaupt Lobbyaktivitäten in Deutschland entfaltet.


Es ist würdelos, dass zumindest eine große Bundestagsfraktion seit Jahren mehr Lobby-Transparenz blockiert. Hoffentlich ändert sich das jetzt.