Feel Good

13.11.2018. Ganz begeistert berichtet mir eine Kollegin von einer Umfrage. Sie schickt mir den Link zu einem Artikel von "Die Welt": »Deutsche sind bereit, für Energiewende Opfer zu bringen«. Wieder einmal unterstreicht eine Befragung, wie umweltbewusst die Deutschen sind.


Optimistisch stimme, dass laut Forsa-Umfrage eine große Mehrheit der Deutschen bereit sei, auf die gewaltigen Herausforderungen der Klimakrise mit einer persönlichen Verhaltensänderung zu reagieren.

 

Eine breite Mehrheit spare Energie und verzichte häufiger auf Plastiktüten. Und immerhin 64 Prozent habe bereits Haushaltsgeräte gegen solche mit geringerem Stromverbrauch ausgetauscht.


Überraschend zeigt sich Daniel Wetzel, Wirtschaftsredakteur der Welt, vor allem darüber, dass die persönlichen Verhaltensänderungen inzwischen recht weit auf den Alltag übergreiften. Bald 60 Prozent der Befragten gaben an, weniger Fleisch zu essen. Die Hälfte lässt dem Vernehmen nach jetzt das Auto häufiger mal stehen. Und fast ebenso viele erklärten zudem, jetzt auch weniger zu fliegen.


Also, ich bin ja auch Optimist. Für mich ist das Glas eher halb voll und nicht halb leer. Doch ich bin auch Wissenschaftler und Realist genug, um mich von solchen Umfragen nicht blenden zu lassen.

 

Denn die konkreten Zahlen ergeben ein anderes Bild als die Bekenntnisse aus der Forsa-Umfrage. Der Fleischverzehr ist heute genauso hoch wie im Jahr 2000, die Bundesbürger fahren soviel mit dem Auto wie noch nie und auch die Fliegerei nimmt beständig zu.

 

Wir sollten endlich aufhören, uns etwas vorzumachen. Solche Befragungsergebnisse sagen nichts aus über die reale Entwicklung. Besonders beim Thema Mobilität haben sich die Zustände in den letzten Jahren verschlimmert. Daran hat auch der Boom von Car-Sharing und E-Bike nichts geändert.


Was sagt uns dann die Forsa-Umfrage? Mental sind die Menschen bereit. Sie sind offen für Veränderungen. Gefragt sind Politiker, die solche Umfragen als Aufforderung zum Handeln verstehen. Gefragt sind mutige Politiker, die sich nicht vor Konzernen zum Teppich machen.


Wettbewerb und Marktwirtschaft sind hoch effektiv. Aber die Richtung in die sich der Markt entwickelt, worum Unternehmen konkurrieren, dass müssen unsere gewählten Vertreter in den Parlamenten bestimmen. Sie müssen die Innovationsrichtung definieren.


Das ist in vielen Bereichen verblüffend einfach. So gibt es beispielsweise bereits eine EU-Vorgabe, wie viel CO2  die Autos durchschnittlich emittieren dürfen. Dieser Standard wird gerade weiter angehoben. Die Parlamentarier könnten festlegen, dass das Null-Emissionsauto ab Jahr 2033 der Regelfall sein muss. Wie die Konzernen das hinbekommen, das können sie getrost den Ingenieuren überlassen. Die Autofahrer müssen sich dafür nicht ändern.


Und was können Sie dafür tun? Sie können ihrem Abgeordneten einen Brief schreiben oder einem Vertreter im Ausschuss für Verkehr, Petitionen unterzeichnen, einen Verband für enkeltaugliche Mobilität unterstützen oder an Protestaktionen teilnehmen. Sie können auch eine Partei wählen, die sich gegen den Bau von neuen Straßen, Parkplätzen und Landebahnen ausspricht.