Transportexzess wird Routine

Einkauf beim Edeka. Kartoffeln stehen auch auf der Liste, aber Bio gibt es nicht. Nun, dann kaufe ich halt andere. Auf der Verpackung steht: »Neue Ernte«. Das macht mich misstrauisch. Ich gucke auf die Rückseite und bestätige meine Befürchtung: Ursprungsland ist Ägypten. Alle Sorten, also festkochend bis mehlig, kommen aus Afrika.


Vor einigen Jahren war das noch etwas Besonderes. Neue Kartoffeln schon im April. Die lagen in einem Extrakasten, das Standardangebot mit verschiedenen Sorten war noch aus dem letzten Jahr. Das war offenbar bis vor einigen Jahren auch ganz okay so. Die Menschen waren zufrieden mit Kartoffeln aus dem Vorjahr.


Jetzt sind Kartoffeln aus Ägypten Standard, im Frühjahr. Der Kunde wünscht das. So heißt es dann, wenn man die Geschäftsführung fragt. Ja, so ist das. Eine Supermarktkette macht den Anfang, mit den neuen Kartoffeln, besonders frisch. Nur leider aus Afrika. Aber das bekümmert offenbar den Kunden nicht. Viele kaufen vermutlich sogar unbewusst die Fernwahre.


Andere Märkte ziehen nach und schon einige Jahren später sind Afrikaknollen der Frühjahrsstandard. Man nennt es Wettbewerb. In diesem Fall ist es eine »race to the bottom«. Wem jetzt der schonende Umgang mit Ressourcen, Umweltverschmutzung und Klimaschutz gleichgültig ist, der kann sich über die »Verbesserung« freuen. Denn natürlich schmecken die neuen etwas besser als die alten.


Doch nur wenigen Menschen ist der Planet gleichgültig. Zumeist lautet die Einschätzung: »Also Kartoffeln aus Äygpten, das muss doch nun wirklich nicht sein.« Aber was soll man machen? Handelt es sich einfach um ein logisches Ergebnis von Wettbewerb und Marktwirtschaft?


Nun, man kann festhalten, dass die Marktwirtschaft nur funktioniert, wenn sie politisch reguliert wird. Und Unternehmen kümmert sich erst um den Klimaschutz, wenn sie davon profitieren. Sie unterlassen interkontinentale Transporte, wenn sie sich nicht rechnen. Wie kommen wir dahin?


Zunächst denkt man: Der Transport ist halt zu billig. Das ist richtig. Wenn Diesel und Maut deutlich teurer werden, würde sich mancher Ferntransport nicht mehr lohnen. Die Preise über eine Ökosteuer anzuheben, ist politisch heikel. Wäre aber sinnvoll und in maßvollen Schritten auch machbar.


Was jedoch häufig übersehen wird: Straßenausbau, Elbevertiefung, Gigaliner, Hafenerweiterung und zusätzliche Startbahnen für Flugzeuge haben den Transportexzess erst möglich gemacht. Was müsste man tun, um die weitere Expansion des Güterverkehrs zu begrenzen? Nichts! Werden Autobahnen, Häfen und Startbahnen nicht ausgebaut, begrenzt sich die Menge der Warentransporte von ganz allein.


Das ist nicht genug? Es wird jetzt schon viel zu viel transportiert? Stimmt! Doch richtig ist auch, dass selbst die Vermeidung der Expansion utopisch erscheint. Selbst die einfachste Option, nämlich nichts zu tun, nicht in weitere Straßen zu investieren, ist in der großen Politik kein Thema. Nur wenige haben verstanden: Manchmal ist es besser etwas zu lassen, als es besser zu machen.