Verkehrswende im Kopf?

Wenn ich an einer Podiumsdiskussion teilnehme, warte ich schon darauf. Nach einer Zeit kommt er dann, der Spruch: »Es muss halt auch jeder bei sich selbst anfangen!« Mit der gleichen Intention sagte vor einigen Wochen mein Nachbar auf dem Podium: »Die Verkehrswende muss in den Köpfen stattfinden«.


Wäre ich Lobbyist von VW, dann würde ich mich mir genau diesen Spruch einfallen lassen. Etwas besseres kann den Autbauern doch gar nicht passieren. Die Konsumenten sind Schuld an der Globalen Erwärmung. Sie verantworten auch die Stickoxid- und Feinstaubemissionen in den Städten. Der Konsument verlärmt die Städte.


Das Konzept der Ökoroutine beginnt nicht in den Köpfen, sondern bei den Strukturen. Genauer den Infrastrukturen. Etwa Radschnellwege, Busspuren und Parkplatzrückbau. Aufgeweckten Verkehrswissenschaftlern ist das schon seit vielen Jahren klar. Sie sprechen von »Push and Pull«, schieben und ziehen. Parken teurer machen, Busfahren günstiger. Zum Beispiel. So wird Öko zur Routine.


Warum dann immer wieder das Mantra vom Konsumenten, der doch alles in der Hand hat? Weil es für die Produzenten unfassbar bequem ist. Sie können an ihren Geschäftsmodellen festhalten und müssen sich nur um maximalen Gewinn kümmern. Die Verantwortung obliegt ja dem Konsumenten. Daran haben auch die CSR-Berichte nichts geändert.


Ja, es ist richtig, die Unternehmen können nur produzieren, was die Menschen auch konsumieren. Der Kunde ist König. Aber nur theoretisch. In der Praxis ist der Einzelne schwach. Wir sind auf der Suche nach Anerkennung und Liebe. Und leider ist es Standard geworden, Anerkennung mit Hilfe von materiellen Gütern zu suchen. Nichts anderes steckt hinter der Protzerei mit ultraschweren Kraftwagen.


Und eben, weil die Menschen nicht tun, was sie für richtig halten, sind wir angewiesen auf strukturelle Veränderungen sowie Standards und Limits, die für alle gelten. Die systemische Transformation befreit den Einzelnen aus der Ohnmacht. Über 80 Prozent der Bundesbürger wünschen sich weniger Autos in der Stadt. Das wird jedoch nicht in den Köpfen gelingen.