Wer sein Auto liebt, kommt schlecht davon los

Bevor ich Dezernent für Klimastrukturwandel in Marburg wurde, war ich viel mit der Bahn unterwegs, um über die Rolle politischer Steuerung beim Klimaschutz zu sprechen. Ich fuhr mit dem Faltrad zum Hauptbahnhof und vom Zielbahnhof weiter mit dem Rad.


In Rheine erklärte ich rund 130 Lehrern, was Ökoroutine für die Bildung heißt. Anschließend kam einer zu mir und sprach davon wie katastrophal die Zugverbindung zwischen Osnabrück und Rheine sei, weshalb er mit dem Auto fahren müsse. Ich war irritiert, kam ich doch gerade aus Osnabrück mit dem Zug. In meinen Augen ist die Verbindung exzellent – 50 Kilometer in 30 Minuten und die Schule in Rheine ist nur 100 m entfernt vom Bahnhof . Aber sicher, von Tür zu Tür ist man mit dem Auto – ohne Stau – etwas schneller.


In solchen Momenten frage ich mich, ob man solche Menschen jemals davon überzeugen kann, die Umstände des Nahverkehrs auf sich zu nehmen. Sie lieben anscheinend ihr Privatauto. Bus und Bahn sind demgegenüber einfach nur ätzend. [Statt das offen zu bekennen, schimpft man lieber über das schlechte Angebot.]
Mich stört, dass permanent erklärt wird, wie schlecht der Nahverkehr sei und eigentlich nie, was gut funktioniert. Wenn die Behauptung stimmen würde, dass die Leute schon mit Bus oder der Bahn fahren würden, wenn das Angebot stimmt, dann wäre die Mobilitätswelt eine andere.


Automobile Menschen ändern ihre Gewohnheiten leider nicht, nur weil eine gute Busverbindung vor dem Haus startet. Sie nehmen ein gutes Angebot nur aufgrund von finanziellen Anreize an. Als mit Kriegsbeginn die Preise explodiert sind, da haben viele etwas Neues versucht. Zugleich ist es wichtig, dass Arbeitnehmer etwas für ihren Parkplatz bezahlen. So zwei bis drei Euro pro Tag würden fürs erste schon ein guter Anreiz sein.


Im Gegenzug sollten die Arbeitgeber ein Job- oder Deutschlandticket sponsern. Bei solchen Voraussetzungen, so zeigt die Erfahrung, dass zumindest solche Menschen, die über gute Alternativen verfügen, mehr und mehr in Erwägung ziehen, diese zu nutzen.


Die Verkehrswende wird in den Städten ihren Anfang nehmen, dort wo die Alternativen optimal verfügbar sind. Und sie setzt bei denen an, die nicht – insbesondere aus gesundheitlichen Gründen – auf’s Intimauto angewiesen sind.