Weniger MIV fördert den Umsatz

"Hier parken fast nie Kunden", sagt die Inhaberin dieses Radgeschäfts. Gerne würde sie ihre Räder dort aufstellen und damit sichtbarer zur Straße werden, wie hier am »Parking Day«.
"Hier parken fast nie Kunden", sagt die Inhaberin dieses Radgeschäfts. Gerne würde sie ihre Räder dort aufstellen und damit sichtbarer zur Straße werden, wie hier am »Parking Day«.

Der billige Parkplatz in der Innenstadt ist nicht geeignet, um die Menschen vom Mausklick auf den Button »kaufen« abzuhalten.

 

In Hannover werden rund 900 Parkplätze allein für die ersten sechs geplanten Velorouten wegfallen. Aus Sicht vieler Autofahrer ein Sakrileg. Wo man hinschaut dasselbe Bild. Die Verkehrswende erhitzt schon seit vielen Jahren die Gemüter.

 

Wollen "grüne Ideologen“ Menschen, die nun mal aufs Auto angewiesen sind, das Leben schwer machen? Wie kann es dann sein, dass Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) 2019 mit dem Wahlversprechen einer autofreien Innenstadt gewählt wurde. Wie kann das sein, wenn doch so viele Menschen am Auto hängen?

 

Ganz einfach: Besonders in der Stadt wünschen sich die Leute weniger Autos vor der Haustür. Sie besuchen Städte wie Kopenhagen oder Groningen und sehen, wie schön es sein kann, mit sicheren Radwegen und wenig Autoverkehr. Sie sehen Berichte, wie sich in ganz Europa Städte auf den Weg gemacht haben, sich zu einem lebenswerten Ort zu entwickeln.

 

Scheinbar haben nicht Ideologen das Sagen, sondern Visionäre. Menschen wie Belit Onay oder die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo. Sie wurde trotz, besser wegen ihrer radikalen Verkehrspolitik wiedergewählt. Für deutsche Verhältnisse unfassbar, wie sich Paris gewandelt hat.

 

Doch hierzulande haben es Politiker schwer, wenn sie Maßnahmen zur Minderung des MIV ins Werk setzen wollen. Eine maßgebliche Rolle spielen im Abwehrkampf die Einzelhändler. Sie beschwören die Verödung der Innenstädte, wenn ein Parkstreifen in einen Radweg umgewandelt wird oder höhere Parkgebühren zur Diskussion stehen.

 

Doch womöglich geht es vielen eher um alte Positionen als Fakten. Denn besonders in solchen Städten, die ziemlich radikal den Autoverkehr aus der Innenstadt verdrängt haben, ist genau das Gegenteil passiert. In Groningen etwa, haben die Händler das Verkehrskonzept bekämpft um später festzustellen, dass mehr Leute denn je in die Stadt kamen, aber halt mit dem Rad oder dem Bus vom Park and Ride Parkplatz.

 

Auch kleine Städte, wie Hasselt in Belgien mit rund 70 000 Einwohner haben diese Erfahrungen gemacht. Inzwischen zeigen viele Untersuchungen, dass Radfahrer und Fußgänger häufig 70-80 Prozent des Umsatzes generieren. Sie kommen häufiger zu den Geschäften als Autofahrer. Und sie benötigen weniger Platz. Locker acht Fahrräder passen auf eine Pkw-Stellfläche.

 

Wäre die autogerechte Stadt ein Garant für Umsatz, würde der Onlinehandel nicht boomen. Der billige Parkplatz in der Innenstadt ist nicht geeignet, um die Menschen vom Mausklick auf den Button „kaufen“ abzuhalten. Das ist einfach zu bequem, besonders im ländlichen Raum. Weniger MIV und dafür mehr Grün, Aufenthaltsqualität, schöne Plätze, Flaniermeilen, solche Faktoren sind Magnete und verleiten auch zum Shoppen.